Staatsoberhaupt würdigte Amtsvorgänger bei Ehrung in Osnabrück

Bundespräsident Steinmeier: Wulffs Worte an Benedikt XVI. waren mutig

Veröffentlicht am 30.06.2022 um 18:15 Uhr – Lesedauer: 
Papst Benedikt XVI. und Christian Wulff
Bild: © KNA-Bild

Osnabrück ‐ Die Worte von Bundespräsident Christian Wulff zur Begrüßung Benedikts XVI. bei seinem Deutschlandbesuch 2011 ließen aufhorchen: Wulff mahnte in Anwesenheit des Papstes mehr Ökumene an. Sein Nachfolger Frank-Walter Steinmeier würdigte ihn nun dafür.

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Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat das Wirken seines Amtsvorgängers Christian Wulff gewürdigt und ist dabei auch auf Wulffs Worte an Papst Benedikt XVI. eingegangen. Steinmeier erinnerte in seiner Laudatio anlässlich der Verleihung der Ehrenbürgerwürde der Stadt Osnabrück an Wulff am Donnerstag an die Rede des heutigen Altbundespräsidenten zur Begrüßung von Papst Benedikt XVI. bei dessen Besuch in Deutschland 2011. Er sei dabei auf die Situation zu sprechen gekommen, dass die Christen in Deutschland immer noch in unterschiedliche Konfessionen geteilt seien, so Steinmeier laut Redemanuskript. Wulff habe gefragt, was die Kirchen täten, um diese Spaltung zu überwinden, und gesagt: "Das Trennende bedarf der Begründung, nicht das Gemeinsame."

Steinmeier lobte Wulff: "Aber es war doch mutig, das im Angesicht des Papstes so deutlich und öffentlich auszusprechen, gerade als gläubiger und in seiner katholischen Kirche verwurzelter Christ wie Christian Wulff." Weiter sagte das Staatsoberhaupt: "Als der Bundespräsident den Papst genauso öffentlich fragte, wie barmherzig die Kirche eigentlich mit Menschen umgehe, die Brüche in ihrer Lebensgeschichte haben, da war das keine Effekthascherei, sondern sehr ernst gemeint und auch von persönlicher Erfahrung geprägt." Das habe Wulff großen Respekt eingebracht.

"Der Islam gehört inzwischen auch zu Deutschland"

Auch Wulffs berühmten Satz "Aber der Islam gehört inzwischen auch zu Deutschland" lobte Steinmeier als mutig. "Er fiel in eine Zeit, als es Debatten mit vielen rassistischen und besonders antimuslimischen Untertönen gab und als ein Buch, das festzustellen glaubte, Deutschland schaffe sich ab, ein Bestseller war. Hier hat der Bundespräsident ein notwendiges und entschiedenes Wort gesagt."

Wulff habe das Land auf allen Ebenen der Demokratie politisch mitgeprägt, so Steinmeier. Als Mitglied im Osnabrücker Stadtrat habe er "an der Wurzel aller Politik, nämlich der Kommunalpolitik, gelernt, was es heißt, öffentliche Verantwortung für die Mitbürger zu übernehmen." Die Ehrenbürgerwürde seiner Heimatstadt erhielt Wulff, weil er sich als Staatsoberhaupt und zuvor als niedersächsischer Ministerpräsident um Osnabrück verdient gemacht, hieß es zur Begründung. Im höchsten Amt des Staates habe er sich für das interkulturelle und religiöse Miteinander eingesetzt, was den Leitgedanken der "Friedensstadt Osnabrück" unterstütze.

Wulff gehörte von 1986 bis 2001 dem Rat der Stadt Osnabrück an. Von 1994 bis 2010 war er zudem Abgeordneter des niedersächsischen Landtages und wurde 2003 und 2008 zum Ministerpräsidenten gewählt. 2010 wurde er Bundespräsident und trat 2012 im Zuge der Affäre um eine angebliche Annahme von Vorteilen zurück. Das Landgericht Hannover sprach ihn zwei Jahre später von den Vorwürfen frei. (rom/KNA)