Unterschiedliche Ausgestaltungen eines gemeinsamen Grundsatzes

Das Prinzip der Synodalität findet sich in allen Kirchen

Veröffentlicht am 27.08.2022 um 12:29 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ "Synode" bedeutet im Griechischen, "gemeinsam auf dem Weg" zu sein. In fast allen christlichen Kirchen meint dies: eine kollegiale Leitung. Zuständigkeiten und Befugnisse von Synoden unterscheiden sich aber beträchtlich.

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Das Wort "Synodalität" ist zu einem Schlüsselwort im Pontifikat von Papst Franziskus geworden. Mit ihm verbinden sich Hoffnungen auf eine Kirchenreform. Für Franziskus geht es dabei nicht in erster Linie um strukturelle Fragen, sondern ums Gemeinsam-unterwegs-Sein, wie es der wörtlichen Bedeutung des Begriffs "Synode" entspricht.

In ökumenischer Hinsicht ist Synodalität etwas Verbindendes, denn synodale Elemente finden sich in allen Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften. Sie sind jedoch unterschiedlich ausgeprägt.

"Apostelkonzil" als Vorbild

Der gemeinsame Ursprung liegt in der Alten Kirche, wobei die Begriffe Synode und Konzil ("Versammlung") zunächst bedeutungsgleich verwendet wurden. Als Vorbild gilt das "Apostelkonzil" von Jerusalem, von dem das Neue Testament berichtet. Älteste Bischofssynoden sind in der zweiten Hälfte des zweiten Jahrhunderts nachweisbar. Die frühen Ökumenischen Konzilien, etwa Nizäa 325, Konstantinopel 381, Ephesus 431 und Chalzedon 451, definierten das christliche Glaubensbekenntnis – wodurch Kirchenspaltungen entstanden, die bis heute fortdauern.

Im Spätmittelalter wurde hitzig darüber diskutiert, ob der Papst über dem Konzil oder das Konzil über dem Papst ("Konziliarismus") stehe. Nachdem beim Ersten Vatikanischen Konzil (1870) die Vorrangstellung des Papstes in der katholischen Kirche betont wurde, kam es beim Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) zu einer Wiederentdeckung der Synodalität und der Kollegialität der Bischöfe und des Papstes. Paul VI. schuf 1965 die Bischofssynode als ständige Einrichtung auf Weltebene. In einzelnen Ländern und Diözesen gab es seither eigene Synoden unter Einbeziehung von Laien; sie haben jeweils beratenden Charakter, das letzte Wort haben die Bischöfe beziehungsweise der Papst. Dies gilt auch für den laufenden Reformprozess "Synodaler Weg" in Deutschland.

Bild: ©picture alliance/Daniel Karmann/dpa (Archivbild)

Die Jahrestagung der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) im November 2018.

Die orthodoxe Kirche kennt das Prinzip der synodalen Kirchenleitung auf mehreren Ebenen: Diözese, eigenständige (Landes-)Kirche und als höchstes Organ das Panorthodoxe Konzil. Ein solches war zuletzt 2016 auf Kreta einberufen worden, wurde aber durch das Fernbleiben von vier Kirchen ein Misserfolg. Dabei zeigte es sich, dass die Strukturen für das synodale Miteinander und die gemeinsame Entscheidungsfindung der weltweiten Orthodoxie unzureichend sind. So sind Rolle und Befugnisse des Ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel als (Ehren-)Primas umstritten.

Der Begriff Synode ist in der Orthodoxie mehrdeutig: Er kann die Versammlung aller Bischöfe oder auch nur eines Teils bezeichnen; so wird auch die Kirchenleitung durch eine Anzahl von Metropoliten und Bischöfe mit dem jeweiligen Vorsteher als "Heiliger Synod" tituliert. In einigen orthodoxen Kirchen haben Laien Sitz und Stimme in synodalen Gremien oder sind an der Wahl der Bischöfe beteiligt.

EKD: Synoden als "Kirchenparlamente"

Auch die evangelischen Kirchen sind synodal verfasst. Zwar unterscheiden sich die Kirchenordnungen etwa in den Landeskirchen der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), aber allen gemeinsam ist die Landessynode als oberstes Organ – und entsprechend die Synode der EKD auf Bundesebene. Die Synoden wählen ihre Leitungsgremien, entscheiden über inhaltliche - auch theologische – Fragen und haben das Haushaltsrecht. Man kann sie deshalb auch als "Kirchenparlamente" bezeichnen – auch wenn sie anders als in der Politik nicht alle Vorgänge im Detail regeln können. Analog gilt dies für die Kirchenkreise. In allen Leitungsorganen wirken ordinierte Geistliche sowie Presbyter gleichberechtigt zusammen. Ein grundlegender Unterschied zur katholischen und orthodoxen Kirche liegt darin, dass die Kirche gleichsam von unten nach oben aufgebaut ist.

Dies gilt noch mehr für Freikirchen, die nicht dem in Deutschland historisch entwickelten landeskirchlichen Regiment entsprechen – und von denen einige zu weltweiten Verbünden gehören. Bei allen Unterschieden im Einzelnen tragen in den Freikirchen – jedenfalls theoretisch – alle gemeinsam Verantwortung für ihre Gemeinde und für ihre Kirche oder ihren Gemeindebund. Nicht nur für manche "Megakirchen" gilt allerdings auch, dass das Fehlen klarer Strukturen die unkontrollierte Machtausübung charismatischer Führungspersonen begünstigt.

Von Norbert Zonker (KNA)