Missbrauchsvorwürfe seit den 1990er-Jahren der Diözese bekannt

Bistum Osnabrück erlässt Auflagen gegen beschuldigten Priester

Veröffentlicht am 30.09.2022 um 11:56 Uhr – Lesedauer: 

Osnabrück/Ostercappeln ‐ Seit Jahrzehnten wussten Verantwortliche von den Vorwürfen – der Osnabrücker Missbrauchsbericht nennt Pflichtverletzungen: Nachdem die Identität des Priesters durch den Bericht aufgedeckt wurde, handelt das Bistum nun.

  • Teilen:

Die Diözese Osnabrück hat einem des Missbrauchs beschuldigten Priester Auflagen erteilt, nachdem aus dem Zwischenbericht zur Bistums-Missbrauchsstudie seine Identität erschlossen werden konnte. Wie das Bistum am Donnerstag mitteilte, darf der Priester, der zuletzt in der Pfarreiengemeinschaft Ostercappeln als Pensionär wirkte, keine öffentlichen Gottesdienste mehr feiern oder andere Aufgaben übernehmen. Die Diözese habe damit "weitere Maßnahmen ergriffen, die das öffentliche Interesse ebenso berücksichtigen wie die Rechte der betroffenen Person und des Beschuldigten". Die Gremien der betroffenen Pfarreiengemeinschaft seien informiert worden, außerdem gab es in den Gemeinden im Lauf der Woche öffentliche Informationsveranstaltungen des Bistums. Weiter stehen Bistumsvertreter nach den Gottesdiensten in der Pfarreiengemeinschaft am kommenden Wochenende zum Gespräch zur Verfügung.

Laut dem Zwischenbericht der Forschungsgruppe der Uni Osnabrück erfuhr das Bistum erstmals in den 1990er-Jahren von den Vorwürfen übergriffigen Verhaltens. Dem Priester sei damals lediglich auferlegt worden, sich in Therapie zu begeben. Ende der 2010er-Jahre gab es ein polizeiliches Ermittlungsverfahren, Anfang des aktuellen Jahrzehnts eine weitere Meldung eines Zeugens. Der Zwischenbericht stellt mehrere Pflichtverletzungen der Bistumsleitung in diesem Fall fest. Erst im Februar 2022 sei der Fall an die Glaubenskongregation gemeldet worden.

Bis zuletzt von "Beziehung" gesprochen

Die Bistumsleitung habe sich zwar "in formeller Hinsicht höflich" gegenüber der Betroffenen verhalten. "Die Einhaltung der Rücksichtnahmepflichten wird allerdings durch die Tatsache getrübt, dass die Bistumsleitung der Ansicht war, dass es sich bei der sexualisierten Gewalt an der Betroffenen um eine 'Beziehung' handelte, die auf Einvernehmlichkeit beruhen könne", heißt es in der Gesamtbewertung des Falls im Zwischenbericht. Diese Einschätzung ziehe sich "personenübergreifend seit dem ersten Moment der Kenntnis vom Sachverhalt" bis in die jüngste Vergangenheit. Bis zuletzt seien die Übergriffe in der internen Kommunikation als "Beziehung" dargestellt worden.

In der vergangenen Woche wurde an der Uni Osnabrück der Zwischenbericht des Projekts "Betroffene – Beschuldigte – Kirchenleitung" vorgestellt. Die Untersuchung kam zu dem Ergebnis, dass Verantwortliche jahrzehntelang und bis in jüngste Zeit nicht pflichtgemäß auf Hinweise zu sexuellem Missbrauch reagiert hätten. Dem seit 1995 amtierenden Bischof Franz-Josef Bode bescheinigt die Studie Pflichtverletzungen "im niedrigen einstelligen Bereich", so der juristische Projektleiter Hans Schulte-Nölke. Nach Vorstellung des Zwischenberichts kündigte der heute 71-jährige Bode an, trotz Fehlern im Amt bleiben zu wollen. Weil der Missbrauchsbericht ihm für die vergangenen zehn Jahre einen deutlichen "Lernprozess" bescheinige, wolle Bode weitere Verbesserungen im Umgang mit sexuellem Missbrauch "mit aller Kraft" vorantreiben. (fxn)