Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Pariser Ex-Erzbischof Aupetit
Die Pariser Staatsanwaltschaft ermittelt gegen den ehemaligen Erzbischof Michel Aupetit wegen des Verdachts sexueller Übergriffe auf eine schutzbedürftige Person. Am Dienstagabend bestätigte die Staatsanwaltschaft einen Bericht des französischen Nachrichtenkanals BFM TV. Laut dem Fernsehsender hat die Staatsanwaltschaft im Dezember Untersuchungen aufgenommen, nachdem die Erzdiözese Paris im November Meldung erstattet hatte. Für die Ermittlungen ist die Brigade zur Bekämpfung von Verbrechen ("Brigade de répression de la délinquance aux personnes", BRDP) zuständig, die der Abteilung für Wirtschafts- und Finanzstrafsachen der Kriminalpolizei zugeordnet ist.
Den Angaben zufolge soll der emeritierte Erzbischof eine Affäre mit einer schutzbedürftigen Person gehabt haben, die Gegenstand einer gerichtlichen Schutzmaßnahme sei. Nähere Ausführungen, was darunter zu verstehen ist, gibt es nicht. Die Ermittlungen sollen klären, ob es sich um eine einvernehmliche Beziehung handelte. Gegenüber der Nachrichtenagentur afp sagte der Anwalt Aupetits, dass er von dem Vorgang keine Kenntnis habe. Der Radiosender France24 berichtete unter Berufung auf eine mit der Sache vertrauten Quelle, dass der Verdacht durch eine E-Mail-Korrespondenz zwischen dem Erzbischof und einer Frau entstanden sei.
Überraschender Rücktritt 2021
Papst Franziskus hatte Ende 2021 überraschend den Rücktritt des Pariser Erzbischofs angenommen, den dieser nur eine Woche vorher angeboten hatte, nachdem in den Medien Gerüchte über eine unangemessene Beziehung Aupetits zu einer Frau öffentlich geworden waren. Neben den Gerüchten gab es seit längerer Zeit Unmut über die Amtsführung des Erzbischofs: Beide Generalvikare hatten ihr Amt niedergelegt. Bei der Pressekonferenz im Flugzeug auf der Rückreise von seinem Zypern-Besuch begründete der Papst seine Entscheidung damit, dass der Erzbischof zwar einen Fehler gemacht und sich einen Verstoß gegen das sechste Gebot zuschulden kommen lassen habe, den Ausschlag hätten aber die Gerüchte in den Medien gegeben. Aupetits Ruf sei nach diesen Gerüchten so sehr beschädigt gewesen, dass er seine Diözese nicht mehr habe regieren können. Für Verwirrung sorgte die Darstellung des Papstes, Aupetit habe vor Jahren seine Sekretärin "leicht gestreichelt und massiert"; zuvor hieß es, seine Sekretärin habe durch eine fehlgeleitete E-Mail von einer unangemessenen Beziehung zu einer Frau erfahren. Aupetit hatte eingeräumt, dass sein Verhalten gegenüber der Frau "möglicherweise mehrdeutig" gewesen sei, wies aber Gerüchte über eine intime Beziehung zurück.
Die Kirche in Frankreich wird seit Wochen durch Missbrauchsvorwürfe erschüttert. Elf Bischöfe stehen im Visier staatlicher oder kirchlicher Untersuchungsbehörden. Zuletzt hatte der emeritierte Straßburger Erzbischof Jean-Pierre Grallet "unangemessene Gesten" gegenüber einer erwachsenen jungen Frau in den 1980er-Jahren eingeräumt. (fxn)