Weltverfolgungs-Index nennt Tausende wegen ihres Glaubens Ermordete

Schwere Zeiten für 360 Millionen Christen: Verfolgung stark gestiegen

Veröffentlicht am 18.01.2023 um 10:31 Uhr – Lesedauer: 

Kelkheim ‐ Christen sind die meistverfolgte Gruppe der Welt – betont "Open Doors". Zum 30. Mal hat die Hilfsorganisation den Weltverfolgungs-Index veröffentlicht. Glaubt man dem Bericht, ist die Zahl der Verfolgten stark gestiegen.

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Die Farbmarkierungen auf der Weltkarte von "Open Doors" sind eindeutig: Vor allem das südwestliche Asien und Nordkorea, aber auch der Mittlere Osten, der Norden und Osten Afrikas sowie Nigeria sind orange oder sogar rot eingefärbt, was auf starke Christenverfolgung hinweist. Zum 30. Mal hat die international agierende, den Freikirchen nahe stehende Organisation am Mittwoch in Kelkheim einen "Weltverfolgungs-Index" veröffentlicht – eine Rangliste der 50 Länder mit der schlimmsten Christenverfolgung.

Von einer zunehmenden Dynamik ist die Rede: Weltweit seien mehr als 360 Millionen Christen einem hohen bis extremen Maß an Verfolgung und Diskriminierung ausgesetzt. Sie geht von Regierungen, aber auch von radikalen religiösen oder nationalistischen Gruppierungen aus.

Zwischen Oktober 2021 und September 2022 sind mindestens 5.621 Christen wegen ihres Glaubens ermordet worden, davon 5.014 allein in Nigeria, so Open Doors. "Die Christen in Nigeria leiden unter einer zermürbenden Kombination aus islamischer Unterdrückung, ethnisch-religiösen Anfeindungen, diktatorischer Paranoia und organisiertem Verbrechen und Korruption", heißt es. Die Gewalt gehe von islamisch-extremistischen Milizen wie Boko Haram, dem "Islamischen Staat in der Provinz Westafrika" (ISWAP) sowie von militanten Fulanis und anderen bewaffneten Kriminellen aus.

Nordkorea wieder auf Platz 1

Trotz der hohen Blutrate in Nigeria: In der traurigen Rangliste von Open Doors hat Nordkorea wieder den ersten Platz eingenommen. "Wenn Christen entdeckt werden, werden sie und ihre Familien als politische Verbrecher in Arbeitslager deportiert oder auf der Stelle getötet", heißt es. Seit Einführung des neuen "Gesetzes gegen reaktionäres Gedankengut" seien mehr Hauskirchen entdeckt und noch mehr Christen verhaftet worden.

Nordkoreas Diktator Kim Jong Un winkt, hohe Militärs applaudieren.
Bild: ©picture alliance / AP Photo/Ng Han Guan (Archivbild)

In Nordkorea sieht es laut "Open Doors" für Christen am schlechtesten aus. Rechts: Diktator Kim Jong-un.

Afghanistan, das im vergangenen Jahr auf Platz eins gesprungen war, weil die Taliban zahlreiche Christen wegen ihres Glaubens ermordet und Tausende in die Flucht getrieben hatten, findet sich diesmal auf Rang neun. "Die Situation für Christen dort ist weiterhin extrem gefährlich", heißt es im Bericht. Zuletzt sei jedoch meist nicht erkennbar gewesen, ob eine Verfolgung aus religiösen oder anderen Gründen stattgefunden habe. Auf den Rängen 2 bis 10 im Weltverfolgungs-Index folgen Somalia, Jemen, Eritrea, Libyen, Nigeria, Pakistan, Iran, Afghanistan und der Sudan.

Einen wachsenden Druck auf Christen sieht das Hilfswerk auch bei autokratischen Regierungen wie China und Indien: China (Rang 16) war erneut das Land, in dem die meisten Kirchen und kirchlichen Einrichtungen zerstört oder geschlossen wurden. Das Regime in Peking setze auf völlige Kontrolle allen kirchlichen Lebens. Ein Gesetz vom März 2022 gestatte nur noch lizenzierten und damit systemkonformen Kirchen und Nichtregierungsorganisationen, religiöse Inhalte im Internet zu verbreiten.

Anti-Bekehrungs-Gesetze

In Indien (Rang 11) sind Christen laut Open Doors durch Anti-Bekehrungs-Gesetze in mittlerweile 11 Bundesstaaten willkürlichen Verhaftungen ausgesetzt, bis zu 10 Jahre Haft sind möglich. Ein landesweites Gesetz sei geplant. Im aktuellen Berichtszeitraum wurden mehr als 1.700 Christen ohne Gerichtsverfahren inhaftiert, oft im Umfeld von Angriffen durch extremistische Hindus.

Im Iran (Rang 8) würden die politischen Institutionen zunehmend von religiösen Hardlinern beherrscht, heißt es. Die Regierung sehe in christlichen Konvertiten einen Versuch westlicher Länder, die islamische Regierung zu untergraben. Leiter von Gruppen solcher christlicher Konvertiten würden vor Gericht gestellt und zu langen Haftstrafen verurteilt. Die traditionellen armenischen und assyrischen Kirchen seien zwar durch den Staat anerkannt, ihre Mitglieder würden jedoch als Bürger zweiter Klasse behandelt.

Die Hilfsorganisation beklagt auch zunehmende Christenfeindlichkeit in einigen lateinamerikanischen Ländern. Erstmals steht Nicaragua (Rang 50) auf dem Index. Aber auch in Kolumbien (Rang 22), Mexiko (Rang 38) und Kuba (Rang 27) würden Kirchenleiter unter Druck gesetzt und verhaftet, die Überwachung verstärkt und Gebäude beschlagnahmt.

Von Christoph Arens (KNA)