Grund dafür ist auch wenig eigenes Brauchtum

Bischof Bätzing: Inhaltliche Entleerung des Pfingstfestes

Veröffentlicht am 28.05.2023 um 10:52 Uhr – Lesedauer: 

Limburg ‐ Das Pfingstfest leidet mehr noch als etwa Weihnachten oder Ostern an einer zunehmenden inhaltlichen Entleerung, das ist die Analyse des Vorsitzenden der deutschen Bischöfe. Georg Bätzing sagt aber auch, welche Bedeutung das Fest heute noch hat.

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Nach Einschätzung des Vorsitzenden der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, kennen immer weniger Menschen die Bedeutung von Pfingsten. "Mehr noch als Weihnachten und Ostern leidet das Pfingstfest unter einer zunehmenden inhaltlichen Entleerung", sagte der Limburger Bischof in einer Predigt am Pfingstsonntag laut Manuskript. Es gebe einen Bedeutungsverlust bis hin zu einer weitgehenden Ignoranz gegenüber christlichen Wurzeln.

Am ehesten werde man sich in der Bevölkerung darauf verständigen können, "ein Frühlingsfest zu feiern". Der Bedeutungsverlust habe auch damit zu tun, dass sich um Pfingsten herum wenig eigenes Brauchtum entwickelt habe, sagte Bätzing. Für Christen ist Pfingsten das Fest des Heiligen Geistes und gilt als Geburtsfest der Kirche. Pfingsten sei "heute wie damals die Initialzündung einer Kirche der Vielfalt, der vielen Sprachen, Kulturen, unterschiedlichen Biografien und Herkünfte", so Bätzing.

Bedeutungsverlust keineswegs ein Naturgesetz

Für ihn sei es "keineswegs eine Art Naturgesetz, dass es in Zeiten wachsender Pluralisierung und Säkularisierung immer weniger Menschen sind, die um die eigentliche Bedeutung wissen", so Bätzing weiter. "Warum sollte es denn nicht wieder eine wachsende Zahl interessierter und informierter – ja schließlich auch gläubiger Zeitgenossinnen und Zeitgenossen geben können?"

Mit der "Zeitgenossenschaft" sei das jedoch kompliziert, denn tatsächlich lebe man längst nicht mit allen anderen Menschen in einer "gemeinsam geteilten Wirklichkeit". Dafür ließen sich genügend Beispiele nennen: Neueste Technologie gehe Hand in Hand mit ältesten Vorurteilen, so Bätzing. Es gebe einerseits Satelliten im All, Smartphones und die KI-Software ChatGPT – und andererseits Messerstechereien in der Fußgängerzone. "Impfstoffe neuester Machart, Hirnimplantate und Durchbrüche in der Krebsforschung und gleichzeitig uralte Verschwörungsmythen und Hassbotschaften", so Bätzing. "Wachsendes Bewusstsein für Schöpfungsverantwortung, während gleichzeitig mitten in Europa Städte bombardiert und andernorts demokratische Rechtsprinzipien ausgehöhlt und offen angegriffen werden", kritisierte Bätzing. Das Beispiel Pfingsten mache deutlich, "dass wir nicht alle im selben Jetzt leben" – auch wenn dies äußerlich so scheinen möge.

Flammenzungen kommen zu Pfingsten auf Maria und die Apostel herab
Bild: ©adobestock/jorisvo

An Pfingsten feiern Christen, dass der Heilige Geist auf die Jünger herabkam.

Der Münchner Kardinal Reinhard Marx forderte die Kirche zum Einsatz gegen Spaltungen der Gesellschaft auf. Marx sagte laut seiner Pressestelle am Pfingstsonntag im Münchner Liebfrauendom, in jüngster Zeit habe er das Gefühl, dass die Polarisierungen zunähmen, auch in Form sogenannter "Fake News" und Verschwörungstheorien. An dieser Stelle sei die Kirche gefordert: "Die Kirche sollte einen Dienst der Einheit abliefern", mahnte der Erzbischof von München und Freising. Allerdings gebe diese "auch nicht immer ein gutes Bild" ab. Bereits am Abend zuvor hatte Marx bei einer Diakonenweihe Geistliche zum sozialen Denken aufgerufen: "Ihr könnt nicht am Tisch des Herrn sitzen, ihm begegnen in Brot und Wein, und dann die sozialen Fragen außen vor lassen."

Meier fordert Mut zur Beichte

Der Augsburger Bischof Bertram Meier forderte von Gläubigen Mut zur Beichte. Der Bischof sagte laut Manuskript am Pfingstsonntag in der Kemptener Kirche Sankt Anton, er sei sich bewusst, dass manche Menschen mit Blick auf die Beichte "eine Schwellenangst" hätten. "Wie viele Gesichter hat diese Angst: Scheu, sich seiner Schuld zu stellen; schlechte Erfahrungen bei früheren Beichten, Hemmungen vor der Armut eigener Worte, Furcht davor, man könnte beim Beichten etwas falsch machen, weil einem die Praxis schon jahrelang fehlt." Diese "Reserven" solle man jedoch "nicht zur Entschuldigung dafür machen, sich auf dem Status quo auszuruhen".

In Würzburg rief der dortige Oberhirte Franz Jung die Gläubigen dazu auf, am eigenen Leib ein Beispiel für Reformen zu geben. "Das wirksamste Zeichen für Veränderung der Kirche ist die eigene Umkehr", sagte Jung laut Manuskript am Pfingstsonntag im Würzburger Kiliansdom. "Die Heiligen als die wahren Kirchenkritiker haben versucht, mit gutem Vorbild voranzugehen", ergänzte der Bischof. "Sie waren fest davon überzeugt, dass ein glaubwürdiges Beispiel mehr bewirkt als der Kampf gegen Strukturen und Lehren. Sie wollten selbst der Wandel sein und selbst den Wandel leben, den sie für ihre Kirche ersehnten."

Gottes Sehnsucht ein Gesicht geben

Der Eichstätter Bischof Gregor Maria Hanke stellte zu Pfingsten die Sehnsucht Gottes nach dem Menschen in den Mittelpunkt seiner Predigt. "Durch die Sendung des Heiligen Geistes zu Pfingsten vertraut der beim Vater erhöhte Herr diese Kraft der Sehnsucht Gottes nach dem Menschen mir, dir, uns an", sagte Hanke in der Eichstätter Schutzengelkirche. "Gottes Sehnsucht nach dem Menschen soll durch mich Gestalt annehmen. Ich gebe ihr Gesicht", ergänzte Hanke. "Gib du mir Gesicht in der Welt, ich gebe dir jene Kraft von oben, die mich auf Erden leitete, das ist der Kern der Pfingstbotschaft."

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Video: © RTL/Alpha Entertainment

Gottes Geist belebt

Der Passauer Bischof Stefan Oster rief Christinnen und Christen zum offenen Reden über ihren Glauben auf. Es brauche "Freimut in der Rede über Jesus", sagte Oster laut seiner Pressestelle am Pfingstsonntag im Passauer Stephansdom. Oft allerdings gebe es ein Schamgefühl, sich in der heutigen Zeit für die Kirche auszusprechen, ergänzte Oster. An die Gläubigen gewandt fragte er: "Wann haben Sie sich das letzte Mal wirklich über Ihren Gott oder über Ihren Jesus gefreut? Und zweitens: Wann haben Sie das letzte Mal von Ihrer Freude erzählt?"

Der aktuelle Leiter des Erzbistums Bamberg würdigte die Fähigkeit zum Verzicht. Ohne diese gebe es keine Liebe und keinen Frieden, schreibt Weihbischof Herwig Gössl in einer auf der Internetseite des Erzbistums veröffentlichten Botschaft an die Gläubigen. "Solange jeder Mensch versucht, für sich rauszuholen, was rauszuholen ist, werden Rivalität, Neid, Eifersucht, Streit und Krieg herrschen, werden wir auch keinen Weg zu einer nachhaltigeren Lebensweise finden", erklärte der Weihbischof. (cph/KNA)

Update 28.05., 15 Uhr: Ergänzt um weitere Bischöfe.