Standpunkt

Lobbyregister ohne Kirchen – das weckt Misstrauen

Veröffentlicht am 08.06.2023 um 00:01 Uhr – Von Felix Neumann – Lesedauer: 

Bonn ‐ Das Lobbyregister schafft Transparenz darüber, wer Positionen in die Politik einbringt. Kirchen müssen sich nicht eintragen – das sollten sie aber, schon aus eigenem Interesse, kommentiert Felix Neumann.

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Gesetzgebung und der Weg dorthin soll transparenter werden – aber nicht, wenn die Kirchen für politische Positionen werben: So kann man die Pläne der Bundesregierung zur Reform des Lobbyregisters zusammenfassen. Im Koalitionsvertrag kündigten die Ampelparteien an, das Lobbyregistergesetz nachzuschärfen, Kontakte zu Ministerien ab Referentenebene einzubeziehen und den Kreis der eintragungspflichtigen Interessenvertretungen "grundrechtsschonend und differenziert" zu erweitern. Das erst zu Beginn des vergangenen Jahres in Kraft getretene Lobbyregistergesetz soll deutlich verschärft werden, künftig sollen auch die Ziele der jeweiligen Interessenvertretung nachgehalten werden. Aber weiterhin sollen Kirchen, Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände von der Registrierungspflicht ausgenommen werden, wenn die Medienberichte über den Gesetzesentwurf zutreffen.

Angeführt werden für die Ausnahme von Kirchen grundrechtliche Gründe. Nur: Warum eigentlich? Die Kirchen sind nach dem Staat die größten Arbeitgeber, sie prägen über gut und professionell ausgestattete Kontaktbüros – Lobbybüros hört man dort nicht so gern – die deutsche Politik mit. Die Kirchen brauchen sich mit ihrem Engagement gegenüber der Politik auch nicht zu verstecken, wie ein Blick auf die Liste der Stellungnahmen des Katholischen Büros Berlin zeigt: Zu Themen wie Klimaschutz, KI-Regulierung oder Ersatzfreiheitsstrafe äußert sich die Kirche bestimmt, wertgebunden und konstruktiv. Warum die Kirche in ihren Grundrechten eingeschränkt werden sollte, wenn sie über ihre politischen Aktivitäten (wohlgemerkt: nicht über ihre internen Aktivitäten) Transparenz herstellen soll, leuchtet nicht ein.

Im Gegenteil: Gerade Ansprüche an eine wertgebundene Politik sollten doch Argument genug sein, das selbst zu erfüllen, was anderen zur Herstellung von Transparenz und Verantwortung auferlegt ist. Zum Glück sehen das viele kirchliche Verbände so: Von Adveniat bis ZdK haben sich mehrere Dutzend katholische Institutionen ohne Rechtspflicht ins schon bestehende Lobbyregister eingetragen und gehen so mit gutem Beispiel voran – das Katholische Büro als wichtigster Berliner Player fehlt aber immer noch. Wenn sich schon die Bundesregierung nicht dazu durchringen kann, die Privilegierung der Kirchen im Lobbyregister abzuschaffen, dann sollten wenigstens die Kirchen selbst aufhören, von diesem Privileg Gebrauch zu machen. Denn die Leerstelle im Lobbyregister weckt ohne Not Misstrauen in einer Zeit, in der die Kirche ohnehin kein Vertrauen mehr genießt: Was passiert da hinter verschlossenen Türen?

Von Felix Neumann

Der Autor

Felix Neumann ist Redakteur bei katholisch.de und Mitglied im Vorstand der Gesellschaft katholischer Publizisten (GKP).

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der Autorin bzw. des Autors wider.