Papst Franziskus entließ ehemaligen Erzbischof 2019 aus dem Klerikerstand

Missbrauchsprozess gegen Ex-Kardinal: McCarrick verhandlungsunfähig

Veröffentlicht am 30.06.2023 um 18:12 Uhr – Lesedauer: 

Washington ‐ Der einstige Kardinal wird des sexuellen Missbrauchs Minderjähriger und der Unzucht mit jungen Männern beschuldigt. 2019 hat der Papst ihn aus dem Klerikerstand entlassen. Ein Gutachten attestiert ihm nun Verhandlungsunfähigkeit.

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Ein psychiatrischer Gutachter im US-Bundesstaat Massachusetts hält den früheren Kardinal Theodore McCarrick (92) für nicht in der Lage, sich wegen sexuellen Missbrauchs vor Gericht zu verantworten. Der einstige Washingtoner Erzbischof wurde 2018 des sexuellen Missbrauchs Minderjähriger und der Unzucht mit jungen Männern im Zeitraum zwischen 1970 und 1990 beschuldigt und 2019 von Papst Franziskus aus dem Klerikerstand entlassen; das ist die Höchststrafe für einen katholischen Geistlichen. Mehrere Klagen gegen McCarrick wegen Vorfällen aus den 70er bis 90er Jahren sind noch anhängig.

McCarricks Anwälte hatten zu Jahresbeginn eine schwere und dauerhafte Demenz ins Feld geführt; er könne nicht mehr vor Gericht erscheinen. US-Medien berichten nun unter Berufung auf die Staatsanwaltschaft von Norfolk/Massachusetts, ein staatlich beauftragter Gutachter habe den Angeklagten untersucht und für rechtsunfähig befunden. McCarrick hatte 2021 während eines gesamten Prozesses wegen sexueller Nötigung durchgängig geschwiegen. In einem Telefonat mit einer Zeitung erklärte er dann Ende Februar, er erinnere sich an den Kläger; aber: "Die Dinge, die er über mich gesagt hat, sind nicht wahr". Ferner verwies er auf seine Anwälte.

McCarrick, von 2001 bis 2006 Erzbischof von Washington, war über Jahrzehnte eine der erfolgreichsten Figuren der katholischen Kirche in den USA. Geboren am 7. Juli 1930 in New York, machte McCarrick nach seiner Priesterweihe 1958 zunächst Karriere im Universitäts- und Bildungsbereich und wurde 1977 zum Weihbischof in New York ernannt. 1981 wechselte er als Bischof ins neu gegründete Bistum Metuchen und 1986 als Erzbischof nach Newark. Von 2001 bis 2006 war er Erzbischof von Washington. 2001 machte ihn Papst Johannes Paul II. zum Kardinal.

McCarrick galt als engagierter Kämpfer gegen sexuelle Gewalt

McCarrick war wegen seines sozialen Engagements, seines diplomatischen Geschicks und seiner exzellenten Verbindungen zum politischen und gesellschaftlichen Establishment bekannt. In seiner Zeit in Washington galt er als engagierter Kämpfer gegen sexuellen Missbrauch und hatte Anteil an der "Null Toleranz"-Politik gegen übergriffige Priester.

Seit 2018 lebte McCarrick zunächst unter strengen Auflagen in einer Kapuziner-Gemeinschaft im Bundesstaat Kansas. Zum Jahresende 2019 zog er "aus eigenem Antrieb", wie er sagte, in eine Wohngemeinschaft von Priestern, die sich des sexuellen Missbrauchs an Minderjährigen schuldig gemacht haben. Im August 2019 sagte McCarrick in einem Interview, er glaube nicht, dass er jene Dinge getan habe, die man ihm vorwirft. Ungenannten "Feinden" hielt er vor, sie hätten andere ermutigt, Missbrauchsgeschichten über ihn zu erfinden. (KNA)