Kurzes Pontifikat sei eine Wende gewesen

Vatikan-Experte: Johannes Paul I. ebnete Weg für Papst Franziskus

Veröffentlicht am 28.09.2023 um 11:39 Uhr – Lesedauer: 

Köln ‐ Vor 45 Jahren starb Papst Johannes Paul I. – nach nur 33 Tagen im Amt. Dennoch sei sein Pontifikat eine Wende gewesen, betont der Vatikan-Experte Marco Politi: Er sei ein Seelsorge-Papst gewesen – und somit ein Vorreiter für Papst Franziskus.

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Laut dem italienischen Vatikan-Experten Marco Politi hat Papst Johannes Paul I. den Weg für einen Pontifex wie Franziskus geebnet. In seiner kurzen Amtszeit habe Johannes Paul I. zunächst die Türen für den charismatischen Stil von Johannes Paul II. geöffnet, sagte Politi am Donnertag in einem Interview des Kölner Portals "domradio.de". "Nach dem Pontifikat der vielen Krisen von Ratzinger ist die letzte gute Tat von Luciani die Tatsache, dass man wieder zu einem Seelsorger-Papst gekommen ist und Franziskus gewählt hat." Johannes Paul I., bürgerlich Albino Luciani, starb am 28. September 1978 nach nur 33 Tagen im Amt.

Das Pontifikat von Johannes Paul I. sei wie eine Wende gewesen, so Politi weiter. "Man wollte schon vor dem Konklave, bei dem er gewählt wurde, keinen Diplomaten-Papst mehr, keinen Herrscher mehr. Man wollte einen Seelsorger." Auch die Gläubigen hätten die "freundliche und spontane Natur" gewollt, die Albino Luciani ausgezeichnet habe. "Das haben auch die Kardinäle im Konklave verstanden." Ein Vermächtnis dieser Wende sei die Wahl von Papst Johannes Paul II. zu seinem Nachfolger gewesen. Bei diesem sehe man oft nur die harte Seite, die er in Fragen der kirchlichen Lehre gezeigt habe. "Aber er hatte auch eine sehr starke menschliche und spontane Art", betonte Politi.

Nicht bereit für ein solches Amt

Gerade aufgrund seiner gesundheitlichen Schwierigkeiten und seiner zurückhaltenden Art sei Johannes Paul I. nicht bereit für ein so großes Amt gewesen, so der Vatikan-Experte. Wäre er zehn Jahre im Amt geblieben, hätte er einen menschlichen Stil in den Vatikan gebracht, vermutet Politi. "Er war ein barmherziger Mensch, ein barmherziger Priester, den Menschen nahe, auch den Menschen mit ihren Schwierigkeiten im Leben. Aber andererseits hatte er auch eine sehr konservative Seite."

Marco Politi (76) ist ein italienischer Journalist und Buchautor, der jahrzehntelang als Berichterstatter aus dem Vatikan arbeitete. Im Jahr 2012 sorgte er mit seiner Monografie "Benedikt. Krise eines Pontifikats" für Aufmerksamkeit, in der er Papst Benedikt XVI. Führungsschwäche im Amt zuschrieb. 2020 legte er das Buch "Das Franziskus-Komplott – Der einsame Papst und sein Kampf um die Kirche" vor. (mal)