Schwester Regina Greefrath über das Sonntagsevangelium

Du bist begabt – nutze es!

Veröffentlicht am 18.11.2023 um 11:30 Uhr – Lesedauer: 
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Essen ‐ Schwester Regina Greefrath sieht im Sonntagsevangelium eine Spiegelung unserer Berufung als Christen: Wir sollen mit den Gaben, die Gott uns kostenlos zu Verfügung stellt, mutig umgehen. Es ist, als sage Gott uns: "Du bist begabt."

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Seine Talente zu zeigen ist in, dafür sprechen zahlreiche Castingshowformate (z.B. Britain’s Got Talent), die sich großer Beliebtheit erfreuen. Die Kandidaten präsentieren vor einer Jury ihre besonderen Begabungen und je nach Entscheidung kommen sie eine Runde weiter oder scheiden aus. Auf diese Weise wurde so manches Talent öffentlich, das sonst vielleicht nicht entdeckt worden wäre.

Auch im Evangelium geht es heute um Talente. Hinter dem Begriff Talent verbirgt sich zunächst eine bestimmte Summe Geld, mit der die Diener eines wohlhabenden Herrn in seiner Abwesenheit wirtschaften sollen. Sie bekommen so viel Geld anvertraut, wie der Herr ihnen zutraut – jedem nach seinen Fähigkeiten. Und es zeigt sich: diejenigen, denen besonders viel zugetraut wird, die schaffen auch besonders viel, während derjenige, wem weniger zugetraut wird, an seinen Fähigkeiten zweifelt und nichts dazugewinnt.

Die Reaktion des Herrn bei seiner Rückkehr ist auf den ersten Blick irritierend und unverständlich: offenbar lag es ja an seiner Strenge, dass der dritte Diener das Geld nur ängstlich vergraben hat, anstatt mutig damit zu wirtschaften. Da er keinen klaren Auftrag zur Geldvermehrung hatte, hat er nichts falsch gemacht, sondern nur das gehütet, was im anvertraut war, und es unversehrt zurückgegeben.

Outet sich Jesus mit diesem Gleichnis als Befürworter der Kapitalvermehrung? Stellt er uns gar eine Bewährungsprobe für das Reich Gottes in Aussicht? Beides erscheint angesichts der wirtschaftlichen und sozialen Situation seiner Zeit (und auch heute sehen wir eine immer größer werdende Kluft zwischen Arm und Reich), seiner Zuwendung zu den Armen und Schwachen und seiner Verkündigung von einem Reich Gottes, das für alle Menschen offen ist, ziemlich absurd.

Nein, die Botschaft dieses Gleichnisses muss woanders liegen. Es spiegelt uns unsere Berufung als Christen: Wir sollen mit den Gaben, die Gott uns kostenlos zur Verfügung stellt, mutig, ja fast verschwenderisch umgehen – wir haben ja nichts zu verlieren. Wir sollen unsere Talente nicht verstecken, wo sie verkümmern und nutzlos sind, denn dann werden wir am Ende heulen und mit den Zähnen knirschen, weil wir ganz viele Chancen haben ungenutzt verstreichen lassen.

Es ist als sagte uns Gott: "You’ve Got Talent – Du bist begabt – Nutze es!" Darin verbirgt sich seine Aufforderung an uns: Wir sollen unsere Möglichkeiten voll ausschöpfen und mit dem, was wir leben und tun, die Menschen erreichen. Wir sollen Begeisterung auslösen und Spuren in den Herzen der Menschen hinterlassen. Wir sollen Salz für die Erde und Licht für die Welt sein. Wir sollen reiche Frucht bringen, Frucht, die bleibt. Das ist unsere Berufung als Christen.

Evangelium nach Matthäus (Mt 25,14-30)

In jener Zeit erzählte Jesus seinen Jüngern das folgende Gleichnis:
Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem Mann, der auf Reisen ging.
Er rief seine Diener und vertraute ihnen sein Vermögen an.
Dem einen gab er fünf Talente Silbergeld, einem anderen zwei, wieder einem anderen eines, jedem nach seinen Fähigkeiten. Dann reiste er ab.

Sofort ging der Diener, der die fünf Talente erhalten hatte, hin, wirtschaftete mit ihnen und gewann noch fünf weitere dazu.
Ebenso gewann der, der zwei erhalten hatte, noch zwei weitere dazu.
Der aber, der das eine Talent erhalten hatte, ging und grub ein Loch in die Erde und versteckte das Geld seines Herrn.
Nach langer Zeit kehrte der Herr jener Diener zurück und hielt Abrechnung mit ihnen.

Da kam der, der die fünf Talente erhalten hatte, brachte fünf weitere und sagte:
Herr, fünf Talente hast du mir gegeben; sieh her, ich habe noch fünf dazugewonnen.

Sein Herr sagte zu ihm:
Sehr gut, du tüchtiger und treuer Diener. Über Weniges warst du treu, über Vieles werde ich dich setzen.
Komm, nimm teil am Freudenfest deines Herrn!

Dann kam der Diener, der zwei Talente erhalten hatte,
und sagte: Herr, du hast mir zwei Talente gegeben;
sieh her, ich habe noch zwei dazugewonnen.

Sein Herr sagte zu ihm:
Sehr gut, du tüchtiger und treuer Diener.
Über Weniges warst du treu, über Vieles werde ich dich setzen.
Komm, nimm teil am Freudenfest deines Herrn!

Es kam aber auch der Diener, der das eine Talent erhalten hatte,
und sagte: Herr, ich wusste, dass du ein strenger Mensch bist; du erntest, wo du nicht gesät hast,
und sammelst, wo du nicht ausgestreut hast;
weil ich Angst hatte, habe ich dein Geld in der Erde versteckt.
Sieh her, hier hast du das Deine.

Sein Herr antwortete und sprach zu ihm:
Du bist ein schlechter und fauler Diener!
Du hast gewusst, dass ich ernte, wo ich nicht gesät habe,
und sammle, wo ich nicht ausgestreut habe.

Du hättest mein Geld auf die Bank bringen müssen,
dann hätte ich es bei meiner Rückkehr mit Zinsen zurückerhalten.

Nehmt ihm also das Talent weg und gebt es dem, der die zehn Talente hat!
Denn wer hat, dem wird gegeben werden und er wird im Überfluss haben;
wer aber nicht hat, dem wird auch noch weggenommen, was er hat.

Werft den nichtsnutzigen Diener hinaus in die äußerste Finsternis!
Dort wird Heulen und Zähneknirschen sein.

Die Autorin

Schwester Regina Greefrath CSA gehört dem Orden der Augustiner-Chorfrauen an. Sie unterrichtet am klostereigenen Gymnasium die Fächer katholische Religion und Spanisch und engagiert sich in der AG Berufungspastoral der Orden (AGBO).

Ausgelegt!

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