Konservativer Kulturkampf auf dem Rücken der Sternsinger
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In diesen Tagen ziehen wieder Tausende Kinder als Sternsinger verkleidet durch die Straßen, um Menschen ihren Segen zu bringen und Geld für Hilfsprojekte in aller Welt zu sammeln. Eine wertvolle und im besten Sinne harmlose Tradition, die ein bisschen Licht und Wärme in unsere derzeit so besonders dunkle und kalte Welt bringt.
Doch leider, wie könnte es anders sein, ist auch das Sternsingen inzwischen in den Fokus konservativer und rechter Kulturkämpfer geraten, die überall "Cancel Culture" und "Wokeness" wittern. Zu besichtigen war das in den vergangenen Tagen unter anderem auf den Social-Media-Kanälen von katholisch.de: Unter einem Artikel, in dem es um Kritik der Theologin Sarah Vecera am sogenannten "Blackfacing" bei den Sternsingern – also der Darstellung eines der drei Könige durch schwarz geschminkte weiße Kinder – ging, ließen zahllose Internetnutzer ihrem Hass und ihrer Wut freien Lauf – nach dem Motto "Jetzt wollen uns die Woken auch noch das Schminken bei den Sternsingern verbieten!"
Mit dabei waren einmal mehr auch Politiker der CDU. Seit Friedrich Merz der Partei vorsteht, vergeht kaum eine Kulturkampf-Debatte, ohne dass ausgerechnet Politiker der C-Partei am rechten Rand des politischen Spektrums zu punkten versuchen. Im aktuellen Fall schrieb Bundesvorstandsmitglied Thomas Bareiß bei X, dass man nur hoffen könne, dass sich die Sternsinger nicht von der "identitären Moralkeule" beirren oder gar einschüchtern ließen und die Kirchenbasis "diese schöne Tradition" (des "Blackfacings"?) auch in Zukunft pflege. Noch weiter ging der rheinland-pfälzische CDU-Landtagsabgeordnete Michael Wäschenbach, der Vecera bei X als "kranke Theologin" beleidigte, die Jesus nicht verstanden habe.
Dass das Kindermissionswerk "Die Sternsinger", einer der Träger der Aktion Dreikönigssingen, selbst schon seit Jahren mit nachvollziehbaren Argumenten empfiehlt, auf das Schminken von Gesichtern beim Sternsingen zu verzichten und die übergroße Mehrheit der Sternsinger-Gruppen in Deutschland diese aus der Zeit gefallene Tradition längst nicht mehr pflegt, spielt für die Kulturkämpfer natürlich keine Rolle. Hauptsache, sie können mal wieder ihr überhitztes Mütchen kühlen – selbst, wenn ihr Furor jeglicher sachlicher Grundlage entbehrt.
Um es klar zu sagen: Wer die Sternsinger nur gut findet, wenn auch ein schwarz geschminktes Kind dabei ist und andernfalls auf dem Rücken der Kinder Kulturkampf betreibt, hat nichts von der Botschaft der kleinen Könige verstanden und sollte dringend im stillen Kämmerlein seine Prioritäten überprüfen.
Der Autor
Steffen Zimmermann ist Redakteur im Korrespondentenbüro von katholisch.de in Berlin.Hinweis
Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.