Der Heilige Geist lasse sich nicht einsperren

Papst Franziskus kritisiert dogmatische Engstirnigkeit der Kirche

Veröffentlicht am 05.06.2024 um 11:39 Uhr – Lesedauer: 

Vatikanstadt ‐ Papst Franziskus hat erneut über den Heiligen Geist gesprochen. Eine schwierige Materie, die er immer wieder thematisiert. Quintessenz: Der Heilige Geist lässt sich nicht "in eine Kiste" einsperren.

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Papst Franziskus hat dogmatische Engstirnigkeit in Kirche und Gesellschaft kritisiert. Der Heilige Geist, der den Menschen die Freiheit zu handeln gebe, lasse sich nicht in eine "Kiste stecken" oder einsperren, weder in Konzepten, Definitionen oder Abhandlungen, wie es der moderne Rationalismus manchmal versuche, sagte er bei der Generalaudienz am Mittwoch auf dem Petersplatz. Damit verliere man den Heiligen Geist und reduziere ihn rein auf den menschlichen Geist.

Auch im kirchlichen Bereich bestehe die Versuchung, den Heiligen Geist in Lehrsätze, Institutionen und Definitionen einschließen zu wollen. "Der Geist schafft und belebt Institutionen, aber er selbst kann nicht 'institutionalisiert' werden", sagte Franziskus. "Der Wind weht, wo er will, also verteilt der Geist seine Gaben, wie er will", zitierte er den Ersten Korintherbrief im Neuen Testament.

Weiter erklärte Franziskus in seiner Katechese (Glaubensunterweisung) über den Heiligen Geist, dieser gebe nicht die Freiheit zu tun, was man will, sondern frei zu tun, was Gott will. Bei dieser Freiheit bestehe die Gefahr von Missbrauch und Missverständnissen, auf die schon der Apostel Paulus hingewiesen habe: etwa durch Ausschweifung, Streit, Eifersucht und Übermaß. "Aber das gilt auch für die Freiheit, die es den Reichen erlaubt, die Armen auszubeuten, den Starken, die Schwachen auszubeuten, und jedem, die Umwelt ungestraft auszubeuten", mahnte Franziskus.

Dokument zu Herz-Jesu-Verehrung angekündigt

Im Anschluss betete der Papst erneut um Frieden für die "gemarterte Ukraine", für die Menschen in Palästina, Israel und Myanmar. Besonders verwies er auf den Gedenktag des heiligen Bonifatius, des "Apostels der Deutschen", an diesem Mittwoch: "Dankbar für die lange und segensreiche Geschichte des Glaubens in euren Landen bitten wir den Heiligen Geist, er möge den Glauben, die Hoffnung und die Liebe in euch stets lebendig halten."

Ebenso kündigte Franziskus für September ein neues Dokument über die katholische Herz-Jesu-Verehrung und die Liebe von Jesus Christus an. Das Dokument solle frühere Lehrtexte und die bis zur Heiligen Schrift zurückreichende Geschichte zusammenfassen, "um heute der gesamten Kirche diesen Kult voller spiritueller Schönheit erneut vorzustellen", sagte Franziskus. Anlass ist der 350. Jahrestag der Visionen der französischen Ordensfrau Margareta Maria Alacoque (1647-1690) am 27. Dezember 1673. Damals erschien ihr der Überlieferung nach Christus und beauftragte sie, sich für die Verehrung seines göttlichen Herzens einzusetzen. Die Ordensfrau bat König Ludwig XIV., ganz Frankreich dem Herzen Jesu zu weihen und dafür in Paris eine Kirche zu errichten. Erfüllt wurde dieser Auftrag 200 Jahre später durch den Bau der nationalen Sühnebasilika Sacre-Coeur auf dem Montmartre. (KNA)

5.6., 12:40 Uhr: Ergänzt um Dokument.