EKD legt Grundlagentext zu christlichem Glauben und religiöser Vielfalt vor

Zwischen eigener Identität und Dialog

Veröffentlicht am 12.06.2015 um 11:30 Uhr – Lesedauer: 
Kirche

Berlin ‐ Unter dem Titel "Christlicher Glaube und religiöse Vielfalt in evangelischer Perspektive" hat die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) einen neuen Grundlagentext vorgelegt. Darin begrüßt sie die religiöse Vielfalt, verweist aber auch auf die eigene Identität.

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Markschies hob hervor, eine neutrale Position über allen Religionen sei nicht möglich. "Ein positives Verständnis religiöser Vielfalt wird gerade dadurch möglich, dass wir leidenschaftlich für unsere eigene Glaubensüberzeugung einstehen und die innere Freiheit spüren, anstatt Identität aus Abgrenzung zu gewinnen." Diese Freiheit sei eines der reformatorischen Grundmerkmale. Es gehe nicht um ein "achselzuckendes Hinnehmen der bunten Vielheit der Kulturen und Religionen, das in gleichsam touristischer Wahrnehmung unbekümmert auf gewohnten Wegen bleibt", heißt es in dem Text. Zugleich lehne er die Behauptung ab, "alle glaubten im Grunde doch dasselbe", so Markschies, der Professor für Ältere Kirchengeschichte an der Humboldt-Universität zu Berlin ist.

Der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm betonte in seinem Vorwort, die evangelische Kirche bejahe die vom Grundgesetz verbürgte Freiheitsordnung. Das Grundgesetz weise dem Staat in Religionsfragen eine neutrale Rolle zu. Zugleich hole es die Religionsgemeinschaften in den öffentlichen Raum und lade sie zu gemeinsamer Verantwortung ein. "Als Kirche ermutigen wir alle, die das Friedenspotenzial ihrer Religion in die demokratische Zivilgesellschaft einbringen wollen", so Bedford-Strohm. Dabei gewinne der Protest gegen Verletzungen der Religionsfreiheit in vielen Regionen der Welt "dadurch Nachdruck, dass wir als Christen mit anderen Religionen anders umgehen".

Heinrich Bedford-Strohm ist bayerischer Landesbischof und seit November 2014 auch Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).
Bild: ©picture alliance / dpa

Heinrich Bedford-Strohm ist Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Für ihn ist der neue Grundlagentext auch eine Einladung zu gemeinsamer Verantwortung in der Demokratie.

Der Grundlagentext widmet sich auch praktischen Fragen wie dem Zusammenleben in einer interreligiösen Ehe, der Möglichkeit gemeinsamen Betens und der Frage, wie die Kirche ihre diakonischen Angebote weiter für Angehörige fremder Religionen öffnen kann.

Im Blick auf interreligiöses Beten sagte Markschies, im Vergleich zu der 2006 erschienenen, in dieser Frage zurückhaltenderen EKD-Handreichung "Klarheit und gute Nachbarschaft. Christen und Muslime in Deutschland" habe sich die Situation in Deutschland verändert. Es habe mehrmals Versuche der Zivilgesellschaft gegeben, mit Unglücken und Katastrophen in öffentlichen Trauerfeiern umzugehen. "Die Eigenart der eigenen wie der Respekt vor der fremden Identität wie auch die Einsicht in die unterschiedliche Verbundenheit mit anderen Religionen stellen hohe Anforderungen an die liturgischen Formen, die weder vereinnahmen noch neutralisieren und sich vor allem nicht in Plattitüden erschöpfen dürfen", heißt es in dem EKD-Text. (KNA)