Alte kirchliche Traditionen würden heute als gefährlich dargestellt

Alte Messe und Weltsynode: Kardinal Sarah kritisiert Paradigmenwechsel

Veröffentlicht am 17.06.2024 um 11:34 Uhr – Lesedauer: 

Washington ‐ Seine Ansichten zu Franziskus' Pontifikat und zur Weltsynode sind kein Geheimnis: Nun kritisiert der ehemalige Liturgiepräfekt, Kardinal Robert Sarah, wiederholt die Unterdrückung "heiliger Traditionen" – und spricht von praktischem Atheismus.

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Der emeritierte Präfekt der Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung, Kardinal Robert Sarah (79), hat kritisiert, dass jahrhundertealte kirchliche Traditionen heute als gefährlich definiert würden. So funktioniere der praktische Atheismus, sagte er laut einem Bericht des katholischen Internetportals "National Catholic Register" vom Wochenende am Donnerstagabend in einer Rede an der Katholischen Universität von Amerika in Washington. Der praktische Atheismus leugne Gott nicht, tue aber so, als stünde er nicht im Mittelpunkt. Dieser Ansatz zeige sich nicht nur in der Moraltheologie, sondern auch in der Liturgie: "Heilige Traditionen, die der Kirche über Jahrhunderte gute Dienste geleistet haben, werden heute als gefährlich dargestellt." 

Der ehemalige Präfekt kritisierte unter anderem Theologen, Priester und Bischöfe sowie Bischofskonferenzen, die meinten, die Moraltheologie rein menschlichen Überlegungen und Vorstellungen anpassen zu müssen. "Eine Kirche, die auf menschlichen Vorstellungen beruht, wird nur eine menschliche Kirche sein", warnte der Kardinal. Kritisch äußerte sich Sarah auch zur von Papst Franziskus einberufenen Weltsynode, die im kommenden Herbst in die entscheidende zweite Runde geht. Es sei gefährlich, alle Stimmen für legitim zu halten, was zu einer Kakophonie führe, die einem Lärm gleichkomme. Die Befürworter des Paradigmenwechsels in der Kirche lehnten Gott zwar nicht ab, behandelten aber die Offenbarung als zweitrangig, so der emeritierte Liturgiepräfekt.  

Robert Sarah, der vor wenigen Tagen 79 Jahre alt wurde, stammt aus Guinea in Westafrika und war unter Johannes Paul II. Sekretär der Kongregation für die Evangelisierung der Völker. Papst Benedikt XVI. ernannte ihn zum Kardinal. Unter Papst Franziskus war er von 2014 bis 2021 Präfekt der Gottesdienstkongregation. Während seiner Amtszeit kam es zu Spannungen mit Franziskus aufgrund von unterschiedlichen Vorstellungen zur Ordnung der Liturgie, etwa mit Blick auf die Zelebrationsrichtung oder die Übersetzung liturgischer Bücher. Der Kardinal betont aber stets, kein Gegner des Papstes zu sein. Auch nach seiner Emeritierung als Liturgiepräfekt äußert sich Sarah regelmäßig zu Fragen der Entwicklung der Kirche, etwa zum Segensdokument "Fiducia supplicans", das er als Häresie bezeichnete. (mtr)