Was eine Präfektin im Priesterseminar macht
Im Salzburger Priesterseminar begleitet Irene Blaschke zukünftige Priester während ihres ersten Ausbildungsjahres, dem sogenannten Propädeutikum. Weil es bei ihrer Berufung 2018 vorerst in das österreichweite Propädeutikum nach Linz das Amt der Vizerektorin oder des Subregens laut Kirchenrecht für Frauen aber nicht gegeben hat, wurde eine neue Bezeichnung für sie gefunden. "Damit bin ich die erste Präfektin in einem Priesterseminar", erklärt die österreichische Theologin nicht ohne Stolz. Im Innsbrucker Priesterseminar gibt es inzwischen noch eine weitere Studienpräfektin mit ähnlichen Aufgaben, weiß Blaschke.
Auf einem Foto, das man auf der Internetseite des Salzburger Priesterseminars findet, ist Irene Blaschke die einzige Frau im Kreis der Hausgemeinschaft. Sie sitzt mit einem dunklem Blazer in der ersten Reihe neben dem Regens und dem Spiritual. Die meisten Priester auf dem Bild tragen ein weißes Kollarhemd. Genau wie die Priester lebt die Theologin zölibatär, also ohne eigene Familie. Sie hat sich bewusst für ein Leben mit Jesus entschieden, sagt die 64-Jährige. Blaschke möchte eine Art "geistliche Mutterschaft" leben. Ein Leben in Gemeinschaft findet sie auch für Priester hilfreich.
Fragen zum Priesterberuf, der eigenen Persönlichkeit, Bibel, Liturgie und Katechese
Momentan leben zwölf Seminaristen im Priesterseminar. Die Männer, die das Propädeutikum absolvieren, kommen aus unterschiedlichen Diözesen Österreichs und bereiten sich in verschiedenen Kursen und Praktika auf ihren priesterlichen Dienst vor. Viele von ihnen studieren in Salzburg, manche in Rom oder an der Hochschule in Heiligenkreuz bei Wien. Regelmäßig treffen sich die Priester im ersten Ausbildungsjahr, um sich mit Fragen zum Priesterberuf, mit der eigenen Persönlichkeit, dem Zölibat, Fragen zu Liturgie und Katechese sowie der Bibel zu beschäftigen. Irene Blaschke ist beim Einführungsseminar dabei und gestaltet Kurse zum geistlichen Leben mit.
Die Männer, die das Propädeutikum absolvieren, kommen aus unterschiedlichen Diözesen und bereiten sich in verschiedenen Kursen und Praktika auf ihren priesterlichen Dienst vor. Einmal im Monat treffen sich alle zusammen für Blockkurse, die im ersten Ausbildungsjahr für angehende Priester verpflichtend sind. Dann beschäftigen sie sich mit Fragen zum Priesterberuf, mit der eigenen Persönlichkeit, dem Zölibat, Fragen zu Liturgie und Katechese sowie der Bibel. Irene Blaschke ist beim Einführungsseminar dabei und gestaltet Kurse zum geistlichen Leben mit. Als Präfektin ist Blaschke zusätzlich noch Ansprechpartnerin für ausländische Gastpriester im Haus. Momentan sind fünf Priester aus Afrika und Indien vor Ort. Die Geistlichen absolvieren in Salzburg meist ein Doktorratsstudium der Theologie, besuchen Deutschkurse und übernehmen priesterliche Dienste in verschiedenen Kirchengemeinden der Erzdiözese. Irene Blaschke übt mit ihnen regelmäßig das Vorlesen des Evangeliums und das Predigen in deutscher Sprache. Manche der auswärtigen Priester hätten noch Probleme mit der Grammatik, der Aussprache und der Betonung, erklärt die Theologin. Daher probt sie mit den Geistlichen, damit sie dann für ihre Gottesdienste in den Gemeinden gut vorbereitet sind.
Zusätzlich korrigiert die Präfektin die Predigttexte der Gastpriester und verfasst jede Woche kurze Textimpulse passend zu den jeweiligen Sonntagsevangelien. Sie freue sich, wenn die Gastpriester diese Impulse aufgreifen und mit eigenen Gedanken und persönlichen Beispielen ergänzen. Vorschreiben möchte sie den Klerikern aber nichts, lacht die Theologin. Sie motiviere sie mehr dazu, in ihren Predigten "eine eigene Botschaft rüberzubringen".

Irene Blaschke arbeitet als Präfektin mit Studienpräfekt Florian Bischof, Spiritual Pater Paul Weingartner und Regens Tobias Giglmayr im Salzburger Priesterseminar.
Das Verfassen von Predigttexten hat Irene Blaschke selbst in ihrem Theologiestudium gelernt. Bei Wortgottesfeiern, Andachten oder anderen liturgischen Anlässen predigt sie hin und wieder auch. Nur in einer Messe nicht, erklärt die ausgebildete Theologin. Fast 30 Jahre lang hat sie hauptamtlich als Pastoralreferentin in einer Salzburger Kirchengemeinde gearbeitet. Die Kirche bedeutete für sie immer schon Heimat. Irene Blaschke wurde 1961 in Innsbruck geboren und wuchs bei ihrer Pflegemutter auf. Mit vier Jahren zog sie mit der Familie nach Salzburg. Dort besuchte Blaschke regelmäßig Gottesdienste und brachte sich nach ihrer Firmung in der Jugendarbeit der Pfarrei Sankt Martin-Liefering ein. Sie verstand sich mit dem Ortspfarrer gut, unterstützte ihn so viel sie konnte. Mit 17 Jahren zog sie sogar ins Pfarrhaus ein. Für Blaschke war das damals nicht Ungewöhnliches, denn "im Pfarrhaus war immer viel los", wie sie erzählt. Sie lebte dort in einer Art offenen Wohngemeinschaft mit der Pfarrhaushältern sowie anderen Ehrenamtlichen und kirchlichen Mitarbeitern.
Ausbildung zur Pastoralreferentin
Nebenher engagierte sich Blaschke in der Kirchengemeinde, verteilte den Pfarrbrief, gab Firmunterricht und leitete Jugendgruppen. Damals überlegte sie auch, in einen Orden einzutreten. Doch dann beginnt sie an der Universität Theologie zu studieren und machte die Ausbildung zur Pastoralreferentin. Als Studentin war sie regelmäßig bei Gebetskreisen der Franziskaner in Salzburg und ein aktives Mitglied der Charismatischen Erneuerung. Dort leitete sie Bibel- und Glaubenskurse und verfasste biblische Impulse für Gruppenstunden und Hauskreise. Der Glaube in Gemeinschaft tat ihr gut, blickt die Theologin auf diese Zeit zurück. Sie bleibt während des Studiums und auch danach im Pfarrhaus wohnen. Zeitweise unterrichtete sie sogar Religion an einer Grundschule. Blaschke wird Kommunionhelferin und Wortgottesdienstleiterin. Als Pastoralreferentin bereitete sie Kinder auf die Erstkommunion vor oder begleitete Firmlinge und gestaltete Wortgottesfeiern in Altenheimen. Bei all diesen Aufgaben war immer viel "Liebe zu Christus dabei", sagt Blaschke. Sie erinnert sich daran, dass sie Begräbnisgottesdienste mitgestaltete und einmal sogar eine Beerdigung "auf Wunsch der Trauerfamilie" leitete. Das tägliche Mitfeiern der Eucharistie und das Stundengebet sind der Theologin bis heute wichtig.
2012 übernahm Irene Blaschke dann das Referat für Berufungspastoral der Erzdiözese Salzburg. Dass sie später einmal in der Priesterausbildung landen würde, hätte sie sich nie gedacht, sagt sie. 2018 wird Blaschke Präfektin für die Priesterausbildung. Im ersten Jahr angestellt mit einer halben Stelle in Linz und seit 2020 im Salzburger Priesterseminar. Das Wort Gottes anderen "weitergeben zu dürfen", war ihr immer schon ein Anliegen. Daher ist Irene Blaschke seit über 50 Jahren Lektorin.

Johanna Breuer von der Salzburger Dompfarrei und Irene Blaschke, Präfektin im Salzburger Priesterseminar, nach ihrer Beauftragung zu Ständigen Lektorinnen durch Papst Franziskus im Januar 2025 am Petersplatz in Rom.
Anfang des Jahres, am 26. Januar, wurde Irene Blaschke von Papst Franziskus in Rom zur Ständigen Lektorin beauftragt. Gemeinsam mit einer anderen Lektorin aus Salzburg und einer Gruppe aus dem Priesterseminar reiste die Theologin dann nach Rom. 40 Ehrenamtliche aus unterschiedlichen Gemeinden der Welt wurden zu Ständigen Lektoren beauftragt. Aus Österreich waren insgesamt fünf Lektoren bei der Beauftragungsfeier mit dem Papst dabei. Als die Theologin dann während des Gottesdienstes im Petersdom mit ihrem Namen aufgerufen wurde, "Hier bin ich" sagte und dann vor den Papst hintrat, war sie sehr bewegt, erinnert sich die 64-jährige Seelsorgerin.
Bibel auf Latein vom Papst
Der Papst habe ihr und den anderen eine Bibel auf Latein überreicht. Für sie ist diese Bibel ein Zeichen für die Einheit der Kirche, sagt die Ständige Lektorin. Schon drei Jahre zuvor fand eine solche Beauftragung von Ständigen Lektoren in Rom durch den Papst statt. Auch wenn dieser liturgische Dienst bereits nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil für Laien vorgesehen war, hat es erst der jetzige Papst 2021 gemeinsam mit dem Akolythat so geöffnet, dass ihn auch Frauen ausüben dürfen. Dadurch komme die Teilhabe aller Frauen und Männer am gemeinsamen Priestertum zum Ausdruck, betont Blaschke.
Die päpstliche Beauftragung war für sie mit einem konkreten Auftrag verbunden: "Anderen mehr von Jesus zu erzählen", erklärt die Pastoralreferentin. Außerdem darf Blaschke nun als Ständige Lektorin offiziell andere Lektoren ausbilden. Das mache sie zwar schon jahrelang, erklärt sie freudig, dennoch sei dieser Dienst nun besonders gestärkt durch den Vatikan. Zusätzlich möchte die Theologin noch einmal einen liturgischen Grundkurs besuchen und den Kurs für Leiter von Wortgottesdiensten und Begräbnisfeiern wiederholen. "Zum Auffrischen", lacht die 64-Jährige.
Als Pastoralreferentin habe sie ihre geistliche Berufung leben können, meint Blaschke. Priesterin hätte sie nie werden wollen, ergänzt die Theologin. Auch wenn sie immer gerne in der Verkündigung des Wortes Gottes tätig war und ist. Doch wenn es den Diakonat für Frauen heute schon geben würde, dann wäre sie das gerne geworden, denn so hätte sie ihren früheren Pfarrer, den sie bis zu seinem Tod begleitete, besser unterstützen können, fügt die Pastoralreferentin hinzu. Sie sei "halt von Herzen gerne Seelsorgerin". Bis heute hilft Irene Blaschke in ihrer früheren Kirchengemeinde mit und ist dort auch Kantorin. Vielleicht werden ihr durch die päpstliche Beauftragung zukünftig weitere Aufgaben in ihrer Gemeinde übertragen, überlegt die Theologin. Zum Beispiel würde sie gerne wieder einmal eine Beerdigung leiten. Menschen beim Trauern trösten, sie in der Krankheit begleiten oder anderen das Wort Gottes auslegen, das erfülle sie. "Ich bin dann da, wo ich gebraucht werde", schließt die Salzburger Präfektin.