Bundestagswahl, Ukraine-Krieg und die Frage nach dem Papst

Weltpolitik vor ländlicher Idylle: Die deutschen Bischöfe treffen sich

Veröffentlicht am 10.03.2025 um 00:01 Uhr – Von Christoph Paul Hartmann – Lesedauer: 

Kall ‐ Im Kloster Steinfeld in der Eifel treffen sich die deutschen Bischöfe zu ihrer Frühjahrsvollversammlung. An Themen mangelt es nicht – es wird wohl Druck von innerhalb wie außerhalb der Klostermauern geben.

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Ein Papst auf dem Krankenbett mit ungewissem Ausgang, eine Bundesrepublik nach der Wahl – eine Welt mit Brandherden und Herrschern, die gewohnte Bündnisse links liegen lassen: Es sind turbulente Zeiten, in denen sich die deutschen Bischöfe zu ihrer Frühjahrsvollversammlung im Kloster Steinfeld im Bistum Aachen treffen. Es ist das erste Mal seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-65), dass die Bischöfe in dieser Diözese zu Gast sind. Der landschaftliche reizvolle, stille Ort in der Eifel steht im krassen Gegensatz zu den aufwühlenden Themen, die das Treffen begleiten.

Da sind zunächst die Nachwehen der Bundestagswahl. Der Wahlkampf war hart – und nach einem Brief des Vorsitzenden des Katholischen Büros in Berlin, Karl Jüsten, und der Evangelischen Bevollmächtigten, Anne Gidion, zur Migrationspolitik war auch die Kirche ein Teil davon. Dazu dürfte es Diskussionsbedarf geben. Nicht zuletzt, weil sich mit Gregor Maria Hanke (Eichstätt) und Rudolf Voderholzer (Regensburg) zwei Diözesanbischöfe von der Stellungnahme distanzierten.

Ebenso virulent ist das Abschneiden der in Teilen rechtsextremen AfD bei der Bundestagswahl. Mit 20,8 Prozent konnte sie ihren Stimmenanteil gegenüber der Wahl von 2021 verdoppeln. Vor ziemlich genau einem Jahr hatten die Bischöfe eine Erklärung beschlossen, in der es heißt: "Völkischer Nationalismus ist mit dem christlichen Gottes- und Menschenbild unvereinbar." In dem Text wird die AfD namentlich genannt und später festgehalten: "Rechtsextreme Parteien und solche, die am Rande dieser Ideologie wuchern, können für Christinnen und Christen daher kein Ort ihrer politischen Betätigung sein und sind auch nicht wählbar."

Die Ukraine mitten unter den Bischöfen

Daneben spielt auch die Weltpolitik eine Rolle: Durch den Eklat bei dem Treffen des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj mit US-Präsident Donald Trump ist die weitere Entwicklung im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine ungewiss. Mit dem Bischof und Apostolischen Exarchen für die Ukraine, Bohdan Dzyurakh, ist ein Ukrainer Mitglied der Deutschen Bischofskonferenz (DBK). Das Thema betrifft also explizit auch den Kreis der Oberhirten.

Auf dem offiziellen Programm des Treffens findet sich ein weiterer Krisenherd der Weltpolitik: Der Nahe Osten. Zu Gast ist der Erzbischof von Homs (Syrien), Jacques Mourad. 2015 war er von Dschihadisten aus dem syrischen Kloster Mar Elian entführt und fünf Monate lang gefangen gehalten worden. Er spricht mit den Bischöfen über die Lage der Christen "zwischen Damaskus und Bagdad", wie es im Programm heißt. Auch der Paderborner Erzbischof Udo Markus Bentz hatte sich zuletzt mit der Region befasst: Er reiste nach Israel und in den Irak.

Ebenso Thema bei der Vollversammlung ist der Klimaschutz: Vor zehn Jahren veröffentlichte Papst Franziskus seine Enzyklika "Laudato si'". An einem Studientag beschäftigen sich die Bischöfe mithilfe externer Experten mit den innerkirchlichen wie gesamtgesellschaftlichen Folgen des Textes. "Die Schöpfungsverantwortung der Kirche in Deutschland spielt dabei ebenso eine Rolle wie vielfältige Initiativen, die anlässlich des zehnjährigen Jubiläums geplant sind", so das Programm.

Bild: ©katholisch.de/cph

Die Mitglieder der Deutschen Bischofskonferenz treffen sich zwei Mal im Jahr zur Vollversammlung.

Der "Laudato si'"-Autor ist dabei noch in ganz anderer Weise präsent: Denn Papst Franziskus liegt mit einer schweren Atemwegserkrankung seit drei Wochen im Krankenhaus. Ob und wann der 88-Jährige seine Arbeit wieder voll und ganz aufnehmen kann, wie sich sein Gesundheitszustand entwickelt, ist völlig unklar. Sollte ein neuer Papst gewählt werden, wären mit den beiden Kardinälen Reinhard Marx (München) und Rainer Maria Woelki (Köln) zwei DBK-Mitglieder daran beteiligt.

Daneben stehen weitere Themen auf der Agenda: Nach dem Ende der Weltsynode werden der Synodale Weg und die Synodalität besprochen, ebenso stehen die Ergebnisse der Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung (KMU) sowie die Aufklärung und Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs in der Kirche im Mittelpunkt der Diskussionen.

Bei Letzterem wird es Druck von außen geben: Denn Missbrauchsbetroffene planen am Montag eine Protestaktion. Sie plakatieren die Klostermauer mit einer Petition mit 88.000 Unterschriften. Laut den Initiatoren wird es aus Termingründen keine Übergabe geben.  In der Petition wird die Kirche dazu aufgefordert, in Schmerzensgeldprozessen von Missbrauchsbetroffenen auf die sogenannte Einrede der Verjährung zu verzichten, mit der die Durchsetzung von Rechtsansprüchen zeitlich begrenzt wird.

Klagen von Aktivisten

"Wir sind unzufrieden mit der Aufarbeitung", sagte der Sprecher des Betroffenenbeirats im Bistum Aachen, Manfred Schmitz, dem Evangelischen Pressedienst. "Wir wünschen uns dringend, dass wir mit der katholischen Kirche mehr in Kontakt kommen." Es gebe zu wenig Austausch, viele Anliegen der Betroffenen würden nicht genügend berücksichtigt, beklagte er. Die DBK wies die Kritik zurück und verwies auf einen Alternativtermin, der mit den Betroffenen bereits vereinbart sei.

Am Freitag gaben auch Reformgruppen den Bischöfen ihre Forderungen mit auf den Weg: "Der Reformkurs des Synodalen Weges in Deutschland muss – und da hilft der Rückenwind der Weltsynode 2023 und 2024 in Rom – noch entschlossener und schneller gemeinsam mit dem Kirchenvolk fortgeführt werden", so "Wir sind Kirche"-Sprecher Christian Weisner. Konkret nannte er die Rechte von Frauen sowie queeren Menschen und die Aufarbeitung sexueller Gewalt.

Auf die deutschen Bischöfe kommen also innerhalb wie außerhalb der idyllisch gelegenen Klostermauern einige Herausforderungen zu. Mit einem Papst im Krankenhaus, einer Koalition in der Verhandlung und einer Kirche vor einer ungewissen Zukunft, werden die Themen nicht knapp. Vielleicht hilft ja der heilige Hermann Joseph von Steinfeld, der im Kloster begraben liegt. Der Mystiker soll einst eine Erscheinung gehabt haben, bei der das Jesuskind auf dem Schoß einer Muttergottesfigur einen Apfel aus seiner Hand nahm. Wegen des sogenannten Apfelwunders werden bis heute Äpfel auf dem Sarkophag in der Basilika des Klosters abgelegt. Etwas Erfrischung könnten sicherlich auch die Oberhirten brauchen.

Von Christoph Paul Hartmann