Passagen zum Beichtgeheimnis sorgen für Kritik

Trotz Protest – Prager Parlament stimmt Vertrag mit Heiligem Stuhl zu

Veröffentlicht am 08.03.2025 um 16:50 Uhr – Lesedauer: 

Prag ‐ Der neue Staats-Kirchen-Vertrag in Tschechien sorgt für Aufruhr. Während die Bischöfe beteuern, dass Missbrauchsopfer geschützt werden, wächst bei Kritikern die Sorge um mögliche Vertuschungen.

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Das tschechische Parlament hat die Ratifizierung des Grundlagenvertrags über die Beziehungen von Staat und Kirche gebilligt. Nach der bereits im Januar erfolgten Zustimmung des Senats votierten am Donnerstag auch die Abgeordneten im Abgeordnetenhaus mehrheitlich für den Vertrag zwischen Tschechien und dem Vatikan. Zum Inkrafttreten fehlt nun noch die Unterschrift von Staatspräsident Petr Pavel.

Doch an dem Vertrag gibt es Kritik: Politiker und Missbrauchsbetroffene stehen dem Abkommen unter anderem wegen dahin enthaltenen Passagen zum Beichtgeheimnis kritisch gegenüber. Eine Gruppe von Senatoren kündigte an, sich an den Verfassungsgerichtshof zu wenden.

Debatte um Beichtgeheimnis

Für Diskussion sorgt, dass in dem Vertrag das Beichtgeheimnis geschützt wird. Während etwa Justizminister Pavel Blazek versicherte, die Passagen in dem Abkommen würden die Lage von Missbrauchsopfern nicht verschlechtern, warnten Opfer sexueller Gewalt in der Kirche Tschechiens vor einer Begünstigung von Missbrauchsvertuschung. Weil im Vertragstext nicht "Priester", sondern der umfassendere Begriff "Seelsorger" verwendet wird, wurden zudem Befürchtungen laut, dass diese Vertraulichkeit auf andere Personen ausgeweitet werden könnte.

Die Bischofskonferenz wies diese Kritik zurück und versuchte die Befürchtungen in einer Stellungnahme vom Donnerstag noch einmal zu entkräften. Man "versichere der Öffentlichkeit, dass die Vertraulichkeit keine Gelegenheit zur institutionellen Vertuschung von Verbrechen bietet, wie von einigen behauptet". Schon im Vorfeld hatten die Bischöfe bedauert, dass die "Reduktion des Vertrags auf eine einzige Frage" in Form der Kritik an der Verankerung des Beichtgeheimnisses die "Ausrichtung auf den Menschen und seine Religions- und Freiheitsrechte" als "Schlüsseldimension" des Abkommens zu den Staat-Kirche-Beziehungen überschatte.

Bischöfe versichern Zusammenarbeit mit Behörden

Die Bischöfe bekräftigten, dass Missbrauchstaten bestraft werden müssen und auch die Zusammenarbeit mit im Strafverfahren tätigen staatlichen Organen "unerlässlich" sei. Zugleich jedoch halte man es für "ungerecht, diese Fragen in den Zusammenhang mit dem Beichtgeheimnis zu bringen". Dies sei "kein Privileg der Kirche oder des Beichtvaters" und betreffe nur den "Vollzug des Beichtgeheimnisses"; es schütze den "Beichtenden, keinesfalls den Priester".

Bild: ©katholisch.de/ Madeleine Spendier

Das Beichtgeheimnis sorgt für Kritik am tschechischen Grundlagenvertrag über die Beziehungen von Staat und Kirche.

Vor dem Hintergrund der Kritik am früheren Umgang der Kirche mit Missbrauchsfällen äußerte sich die Bischofskonferenz gleichzeitig aber auch Verständnis. Man sei sich bewusst, dass die Reaktionen der Kirche diesbezüglich "nicht immer den hohen Ansprüchen entsprochen hätten, die von der Gesellschaft an sie zurecht gestellt werden".

Abkommen wurde Ende Oktober unterzeichnet

Der Vertrag regelt in 16 Artikeln den rechtlichen Status und Tätigkeitsfelder der katholischen Kirche in Tschechien. Das Land war bisher das einzige postkommunistische EU-Mitglied, in dem es noch kein gültiges Rahmenabkommen über die Staat-Kirche-Beziehungen gibt. So erkennt der Vertrag das Recht der Kirche an, Bildungs- und Wohlfahrtseinrichtungen zu gründen und regelt die Seelsorge in Gefängnissen, Sozialeinrichtungen und Krankenhäusern sowie bei Polizei und Streitkräften. In den vergangenen Jahrzehnten in Tschechien oft diskutierte Eigentumsverhältnisse zwischen dem Staat und der katholischen Kirche sind nicht Teil des Abkommens. Kirchliche Trauungen hingegen sollen künftig dieselben Rechtsfolgen wie zivile Eheschließungen haben.

Der tschechische Ministerpräsident Petr Fiala und Vatikan-Chefdiplomat, Kardinal-Staatssekretär Pietro Parolin hatten das Abkommen Ende Oktober in Prag unterzeichnet. Es ziele darauf ab, die Religionsfreiheit der Gläubigen und folglich auch die Freiheit der Kirche bei der Erfüllung ihrer Mission weiter zu gewährleisten, hielt der Vatikan damals fest. Die Bischofskonferenz äußerte sich erfreut über die positive Entscheidung der beiden Parlamentskammern.

Auch eine mögliche Prüfung durch die Verfassungsrichter begrüßten die Bischöfe im Grundsatz, da die Stimme des Verfassungsgerichts wirksamer dazu beitragen werde, Bedenken zu zerstreuen. Bei der Abstimmung im Abgeordnetenhaus waren 152 der 200 Mandataren anwesend. Von ihnen stimmten 92 für den Grundlagenvertrag und 9 dagegen, 51 enthielten sich. (KNA)