Die Positionierung der Kirche gegen die AfD ist Pflicht, keine Option

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Kürzlich wurde hier behauptet, das Bundestagswahlergebnis belege, dass die kirchliche "Strategie" gegen die AfD ("Appellieren", "Belehren", "Verurteilen") gescheitert sei. Ein mehrfacher Fehlschluss: 1. Neben Kirchenvoten gibt es viele andere Variablen des Wahlausgangs. 2. 21% für eine Partei belegen keine Unwirksamkeit von Warnungen vor ihr. Es hätte ohne diese mehr werden können. Laut der INSA-Potenzialanalyse hätten bis zu 27% die AfD wählen können. 3. Kirchennahe Katholiken, die lehramtliche Appelle und No-Gos am ehesten beachten, wählen tatsächlich unterdurchschnittlich AfD – wie schon NSDAP. Auch die war von den Bischöfen als unwählbar markiert worden. Was gibt es daran zu mäkeln, nur weil die Beherzigung begrenzt ist?
Ein Störgefühl habe ich schon beim Begriff "Strategie". Kirche hat ihre Lehre von der gleichen Würde und Freiheit aller Menschen, berufen zur Nächstenliebe, selbstverständlich gegen menschenfeindliche Parteien zu verteidigen. Sie hat hier keinen Spielraum zum Taktieren, sondern muss den Glauben bekennen, komme es gelegen oder ungelegen. Rassismus, Antisemitismus, Überhöhung der eigenen Nation, Gleichgültigkeit gegenüber der Armut in der Welt, Verunglimpfung anderer Religionen, Verächtlichmachung des demokratischen Rechtsstaats und Hassrede zu verurteilen ist für die Kirche keine strategisch variable Option. Der Schutz des Humanums ruft nach Mt 25,40 geradezu in den Bekenntnisfall.
Weder die einstimmige Erklärung der Bischöfe zur AfD 2024 noch die der kirchlichen Hauptstadtbüros im Januar 2025 sind einfach nur "politische Papiere", sondern angewandte christliche Ethik. Sie sollten nicht gegen einen "Schwerpunkt auf Seelsorge und Beratung" ausgespielt werden. Und AfD-Wähler einseitig als bloß Politikverdrossene, besorgte Bürger mit "Schwierigkeiten", "Trauer und Angst" zu verharmlosen, als Menschen, die nicht genug "gesehen" würden, nimmt die messbare Menschenverachtung, Hass und Gewaltlegitimation in dieser Klientel nicht ausreichend in den Blick. Pastoraltheologie, die die nötige Unterscheidung der Geister und die Perspektive der Opfer rechtsextremer Hetze vernachlässigt, trägt mehr zur Verwirrung bei als irgendein Problem zu lösen.
Der Autor
Andreas Püttmann ist Politikwissenschaftler und freier Publizist in Bonn.Hinweis
Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.