84-jähriger Purpurträger wählt neuen Pontifex nicht mit

Kardinal Napier: Hauptziel des neuen Papstes sollte Erneuerung sein

Veröffentlicht am 08.05.2025 um 16:45 Uhr – Von Mario Trifunovic – Lesedauer: 

Vatikanstadt ‐ Weil er die Altersgrenze von 80 Jahren überschritten hat, ist er nicht beim Konklave dabei – der emeritierte Kardinal Wilfrid Fox Napier. Im katholisch.de-Interview spricht er aber über das Vorkonklave und was für ein Profil der neue Papst haben soll.

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Er nimmt selbst nicht am Konklave teil, weil er die Altersgrenze von 80 Jahren überschritten hat – Kardinal Wilfrid Fox Napier. Er ist emeritierter Erzbischof von Durban und gehört den Franziskanern an. Beim Vorkonklave war er noch dabei und konnte mit dem Kardinalskollegium über das Profil des künftigen Papstes diskutieren. Darüber spricht er im Interview mit katholisch.de – und ob er einen Favoriten für den Posten hätte.

Frage: Herr Kardinal, wie sollte der neue Papst sein?

Napier: Nun, meine eigene Vorstellung wäre, dass – genauso wie damals, als wir in das Konklave gingen und Franziskus gewählt wurde – es sehr klar war, dass die meisten Kardinäle schon vor dem Konklave darüber gesprochen hatten, welche Art von Kirche sie sich wünschten und wohin der Papst die Kirche führen sollte. Und das war eine Kirche, die in jeder Hinsicht erneuert wird – in ihrer Lehre, in ihrer Lebensweise, in ihrer Arbeit, in ihrer Sorge um die Menschen. Sie soll in all dem erneuert werden. Ich würde also sagen: Für mich wäre der Papst, den ich mir wünsche, einer, der diese Anliegen weiterführt – der weiter an diesen Themen arbeitet, also das weiter aufbaut, wofür Papst Franziskus bereits die Grundlagen gelegt hat.

Frage: Sie waren beim Vorkonklave dabei. Was für einen Papst suchen die Kardinäle?

Napier: Was ich von vielen Kardinälen gehört habe, war, dass sie sich wünschten, der neue Papst solle auf dem aufbauen, was Papst Franziskus begonnen hatte, und in seiner Linie weitermachen. Aber es gab auch andere Themen, auf die sie genauer geschaut haben. Zum Beispiel die Katechese – also die Glaubensunterweisung unserer Kinder und Jugendlichen – das war ein sehr starkes Anliegen für viele. In Ländern der sogenannten Dritten Welt waren Frieden und die Sorge um die Armen zentrale Themen, weil das die realen Herausforderungen sind, mit denen sie täglich konfrontiert sind. Der Weltfrieden war, denke ich, für die meisten ein großes Anliegen. Aber ein sehr konkreter Punkt war auch: Der Papst sollte nicht versuchen, alles allein zu machen. Er muss ein Team haben, das mit ihm arbeitet. Ich denke, das wurde sehr deutlich.

Frage: Ein stärkerer Teamplayer, der eng mit den Dikasterien zusammenarbeitet?

Napier: Mit den Dikasterien oder mit einem eigenen Beraterteam. Ebenso auch mit den Bischofskonferenzen.

Frage: Gab es schon eine Tendenz zu bestimmten Kandidaten?

Napier: Ich würde sagen, die Kardinäle wussten, dass es einige gibt, die im Vatikan bis zum Tod von Papst Franziskus eine sehr sichtbare Rolle gespielt haben. Und deshalb würde man annehmen, dass diese Person auch weiterhin für diese Aufgabe geeignet wäre. Aber ich habe niemanden gehört, der das so deutlich ausgesprochen hätte.

Kardinal Wilfrid Fox Napier
Bild: ©katholisch.de/Mario Trifunovic

In einiger Entfernung hinter Kardinal Wilfrid Fox Napier wird der neue Papst gewählt.

Frage: Wie wichtig ist es, woher ein neuer Papst kommt?

Napier: Für mich ist wichtig, dass er die Vision versteht, die aus dem Kardinalskollegium kommt, und bereit ist, mit dieser Vision zu arbeiten. Natürlich wird er seine eigenen Schwerpunkte setzen. Aber ich denke, wenn er in dieser Richtung arbeitet, wird er die Mehrheit der Kardinäle hinter sich haben.

Frage: Und für die Kardinäle – spielt für sie der geografische Ursprung des Papstes eine Rolle?

Napier: Das war eigentlich kein sehr wichtiges oder zentrales Thema. Natürlich gab es einige, die gesagt haben – und manche haben darüber reflektiert –, dass in bestimmten Teilen der Welt die Kirche sehr aktiv ist. Und deshalb müsse man der Leitung in diesen Regionen Aufmerksamkeit schenken. Ich denke nicht, dass sie damit sagen wollten: "Er sollte Papst werden", aber man sollte diese Regionen ernst nehmen.

Frage: Wie haben Sie das verstanden?

Napier: Ich habe das so verstanden: Wenn der Papst einen Beraterkreis hat, sollte er sicherstellen, dass auch jemand aus jener Region dabei ist, in der die Kirche besonders aktiv ist oder bestimmte Themen besonders betreffen.

Frage: Franziskus hat das getan – vielleicht auch schon sein Vorgänger, aber Franziskus viel stärker.

Napier: Ja, das hat er. Er hatte Kardinäle aus kleinen Ländern berufen – sehr kleinen Ländern, wo die katholische Kirche keine besonders starke Präsenz hatte. Das war sehr gut. Ich denke, er hat stark auf eine universale Kirche gesetzt – eine katholische Kirche aus allen Teilen der Welt.

„Ein sehr konkreter Punkt war auch: Der Papst sollte nicht versuchen, alles allein zu machen. Er muss ein Team haben, das mit ihm arbeitet. Ich denke, das wurde sehr deutlich.“

—  Zitat: Kardinal Napier

Frage: Das war aber auch ein Problem, weil es nun viele Kardinäle aus verschiedenen Ländern gibt… Viele von ihnen kannten einander gar nicht. War das ein Problem?

Napier: Kein großes Problem, denn egal, wo ein Kardinal herkommt – es gibt immer welche, die ihn kennen, und andere, die ihn nicht kennen. Wenn es z. B. eine größere Konzentration italienischer Kardinäle gibt, heißt das nicht, dass alle anderen Italien gut kennen. Europäische Kardinäle haben sich vielleicht öfter getroffen, aber aus anderen Teilen der Welt eher nicht. Auch das wurde angesprochen – dass es gut wäre, wenn der Papst regelmäßige Konsistorien einberuft, bei denen sich die Kardinäle austauschen und gegenseitig besser verstehen können, was in der Kirche weltweit geschieht. Und auch, damit der Papst besser verstehen kann, wie sie ihm helfen können.

Frage: Der neue Papst sollte mehr Treffen einberufen?

Napier: Das war der Eindruck, den ich hatte, ja.

Frage: Wäre ein Papst aus Afrika oder Asien gut und warum?

Napier: Ich denke, wie wir bei Kardinal Bergoglio aus Argentinien gesehen haben: In dieser Region der Kirche gab es eine bestimmte Tradition, einen missionarischen Ansatz. Es fiel ihm daher leicht, diesen Ansatz auf die Weltkirche zu übertragen. Vieles von dem, was Papst Franziskus getan hat, stammt z. B. aus dem Aparecida-Dokument – von der lateinamerikanischen Bischofskonferenz. Und wenn ein Papst aus Asien käme – die Föderation der asiatischen Bischofskonferenzen ist ebenfalls ein Gremium mit eigenen Ansätzen und Vorstellungen, wie sich die Kirche entwickeln sollte. Auch das kann einen wichtigen Beitrag auf weltkirchlicher Ebene leisten. Die afrikanischen Kirchen ebenso: Sie haben eine ganz besondere Art, Jesus zu sehen und mit ihm in Beziehung zu treten. Die afrikanischen Liturgien unterscheiden sich stark von den europäischen – und auch von den asiatischen, würde ich sagen.

Frage: Ich weiß, Sie werden mir diese Frage vermutlich nicht beantworten – Sie müssen keinen Namen nennen – aber haben Sie persönlich einen Favoriten?

Napier: So würde ich das sehen: Wenn Papst Franziskus wusste, was das Kardinalskollegium vor dem Konklave gesagt hatte – und sie waren sehr klar: Wir wollen einen Papst, der im Team arbeitet – das war eines der ersten Dinge. Zweitens: Sein Hauptziel soll die Erneuerung der Kirche sein. Und wenn man die Kirche erneuern will, muss man bei Ehe und Familie anfangen. Das ist das Fundament der Kirche – sie besteht aus Familien. Also wenn man die Kirche erneuern will, muss man dafür sorgen, dass es starke und gesunde Familien gibt. Und ich denke, der neue Papst sollte sich anschauen, was aus den beiden Familiensynoden hervorgegangen ist: die Probleme der Familie, aber auch ihre Berufung und Sendung. Die dritte Synode, die Papst Franziskus einberufen hat, war die Jugendsynode. Ich denke, in seiner Sichtweise ist das der nächste Schritt – aus diesen jungen Menschen entstehen die nächsten Familien. Also müssen sie ihren Glauben verstehen und gut leben können. Und schließlich muss diese Kirche eine Kirche des Zuhörens sein – Synodalität: Alle sitzen am Tisch, nicht einer oben und die anderen unten.

Frage: Der US-Jesuit James Martin sagte in einem kurzen Interview, dass auch der Name des neuen Papstes eine wichtige Botschaft für die Kirche sei.

Napier: Das sehe ich genauso. Als Bergoglio den Namen Franziskus wählte... Der Name Franziskus war sehr bedeutend.

Frage: Und er war auch für Menschen außerhalb der Kirche ein klares Zeichen. Franziskus ist weltweit bekannt – für den Umweltschutz und die Schöpfung . Man konnte die Botschaft verstehen.

Napier: Ganz genau. Für Menschen außerhalb der Kirche war das viel zugänglicher als Benedikt oder Johannes Paul – die Hintergründe kennt man nicht so leicht. Aber Franziskus – den kennen viele. Und die meisten können ihn mit Frieden, Armut und Schöpfung verbinden.

Von Mario Trifunovic