Wegsehen geht nicht – Papst Leo XIV. sollte ins Heilige Land reisen
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Man möchte nicht mehr hinsehen, sich abwenden vom Elend und der Not der Menschen im Gazastreifen. Da ist Israels Armee, deren Bomben die Trümmerlandschaft ein ums andere Mal umpflügen, die die Menschen von einem Zipfel des Küstenstreifens in den anderen treibt; längst hat der Einsatz nichts mehr zu tun mit dem legitimen Ziel, die Hamas zu entmachten und die Geiseln zu befreien, die sie am 7. Oktober genommen hat. Da ist die Hamas, die in ihrem suizidalen Eifer ihre Landsleute als Schutzschilde missbraucht, und ermordet, wer ihre Macht infrage stellt. Auf beiden Seiten blühen die genozidalen Phantasien.
Umso weniger aber hilft Wegsehen, bloß weil das alles so furchtbar und ausweglos erscheint. In Gaza droht der massenhafte Hungertod, die Caritas, die Diakonie, faktisch alle Hilfsorganisationen mahnen, warnen, flehen seit Monaten; wer sich irgendwie christlich nennt, wem Menschenrecht und Menschenwürde ein Anliegen sind, den darf das nicht kalt lassen.
Und dann ist der Konflikt in der Region, die Juden, Muslimen und Christen heilig ist, eben nicht nur ein Regionalkonflikt. Er wirkt weltweit auf unheilvolle Weise, verdichtet die Gewaltgeschichten des 19., 20. und 21. Jahrhunderts, vergiftet das Miteinander der verschiedenen Religionen und Identitäten, schürt Antisemitismus, Islamhass, Fundamentalismen aller Art. Ohne Frieden im Nahen Osten bleibt jede weltweite Friedensordnung brüchig.
Wäre es deshalb nicht eine gute Idee, wenn eine der ersten Reisen des neuen Papstes Leo XIV. ins Heilige Land ginge? Elf Jahre ist es her, dass sein Vorgänger Franziskus die Region bereiste, Jordanien, Bethlehem, Jerusalem besuchte; lange genug, um einen neuen Besuch anzugehen. Es wäre eine heikle Reise, aber eine, die zeigen würde: Dieser Papst meint es ernst mit dem Frieden, von dem er sprach, gleich nachdem er gewählt war. Es wäre eine Reise, die zu den israelischen Opfern des Hamas-Terrors vom 7. Oktober ginge, und zu denen, die in Gaza die Hölle erlebt haben. Es wäre eine Reise, die zeigte: Wegsehen geht nicht.
Der Autor
Matthias Drobinski ist Chefredakteur der Zeitschrift "Publik-Forum".
Hinweis
Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der Autorin bzw. des Autors wider.