In Würzburg geht der Gesprächsprozess der Bischofskonferenz zu Ende

Gott, Glaube, Gespräch

Veröffentlicht am 10.09.2015 um 14:30 Uhr – Von Steffen Zimmermann – Lesedauer: 
Gott, Glaube, Gespräch
Bild: © KNA
Gesprächsprozess

Würzburg ‐ An diesem Wochenende beschließen rund 300 Teilnehmer in Würzburg den Gesprächsprozess der Bischofskonferenz. Die Bilanz fällt gemischt aus: Viele Fragen blieben unbeantwortet, viele Probleme ungelöst.

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Welterbe, Weingenuss, Wohlgefühl - mit diesem wohligen Dreiklang wirbt die Stadt Würzburg auf ihrer Internetseite. Im typischen Marketing-Sprech wird dort von der erlebenswerten Mischung aus Kultur und Atmosphäre geschwärmt, ebenso von der Lage am Main und der optimalen Erreichbarkeit. Das mag alles stimmen, trotzdem würde sich an diesem Wochenende ein anderer Dreiklang besser anbieten: Gott, Glaube, Gespräch.

Am Freitag und Samstag findet in Würzburg der Abschluss des Gesprächsprozesses der Deutschen Bischofskonferenz statt. 40 Jahre nach dem Ende der Würzburger Synode kommen erneut mehrere Hundert Katholiken aus der ganzen Bundesrepublik in die fränkische Bischofsstadt, um unter dem Leitwort "Wo Gott ist, da ist Zukunft" über den Zustand der katholischen Kirche in Deutschland zu diskutieren.

Initiiert von Erzbischof Robert Zollitsch

Initiiert wurde der Gesprächsprozess im Herbst 2010 vom damaligen Vorsitzenden der Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch. Wenige Monate nach Bekanntwerden des kirchlichen Missbrauchsskandals wollte Zollitsch damit das innerkirchliche Gespräch zwischen Bischöfen, Priestern und Laien fördern und verlorenes Vertrauen zurückgewinnen. Zugleich sollte der Gesprächsprozess "dem Glaubensweg unserer Kirche in Deutschland in das anbrechende Jahrhundert hinein theologisches Profil und kirchlichen Zusammenhalt verleihen", wie es in einem Hirtenwort der Bischöfe vom Frühjahr 2011 heißt.

"Meine Idee war: Wenn wir als pilgernde Kirche gemeinsam unterwegs sind, müssen wir auch gemeinsam Antworten suchen - die Bischöfe untereinander und die Bischöfe mit den Laien", sagte Zollitsch vor wenigen Tagen rückblickend in einem Interview. Der inzwischen emeritierte Erzbischof von Freiburg erinnerte dabei auch an die anfängliche Kritik an seiner Initiative - auch unter seinen Mitbrüdern: "Einige waren überrascht, andere haben davor gewarnt, alles zu zerreden." Dennoch sei der große Teil der Bischöfe den Weg von Anfang an aktiv und engagiert mitgegangen.

Bild: ©picture alliance / dpa

Hat den Gesprächsprozess im Jahr 2010 initiiert: Der damalige Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch.

Bei ihrer Vollversammlung im Frühjahr 2011 beschlossen die Bischöfe den genauen Fahrplan des Gesprächsprozesses. Kernstück waren dabei die jährlichen Gesprächsforen, die jeweils unter einem eigenen Leitwort standen. Beim ersten Treffen 2011 in Mannheim ging es zunächst um eine Standortbestimmung, das Motto lautete "Im Heute glauben: Wo stehen wir?". Es folgten Foren zu den "Lebensvollzügen" der Kirche - Diakonia (2012 in Hannover), Liturgia (2013 in Stuttgart) und Martyria (2014 in Magdeburg). Das bevorstehende Treffen in Würzburg bildet nun den Abschluss dieser Reihe.

Neben den jährlichen Dialogforen wurden mehrere kirchliche Großereignisse in den Gesprächsprozess integriert. So gelten auch der Deutschlandbesuch von Papst Benedikt XVI. im September 2011, die beiden Katholikentage in Mannheim (2012) und Regensburg (2014), der Eucharistische Kongress im Juni 2013 in Köln sowie der 50. Jahrestag des Abschlusses des Zweiten Vatikanischen Konzils in diesem Jahr als Wegmarken des Gesprächsprozesses.

In Würzburg soll es nun vor allem darum gehen, den Prozess der vergangenen Jahre zu reflektieren und die gewonnenen Erkenntnisse in einem gemeinsamen Abschlussbericht zusammenzufassen. Mit Blick auf den Bericht sollen drei zentrale Aspekte diskutiert werden:

  • Der Gesprächsprozess: ein Beitrag zur Erneuerung der Kirche in Deutschland
  • Grundlagen und Leitgedanken einer kirchlichen Erneuerung
  • Bausteine und Anregungen für eine Reform des kirchlichen Lebens

Ziel der Bischofskonferenz für den Abschlussbericht ist es, "über Inhalt und Verlauf der zurückliegenden Treffen eine Verständigung zu erzielen, der alle zustimmen können" - angestrebt wird also der größtmögliche Konsens.

Daneben soll das Augenmerk des Forums auf der weiteren Bedeutung des Gesprächsprozesses für Gegenwart und Zukunft des kirchlichen Lebens liegen. Heißt konkret: In Würzburg soll überlegt werden, wie die Erkenntnisse des jahrelangen Dialogs auch künftig fruchtbar gemacht werden können. Denn schließlich soll das offizielle Ende des Gesprächsprozesses nicht das Ende des Dialogs in der Kirche bedeuten.

Themenseite: Gesprächsprozess

Im Zuge des Missbrauchsskandals in der katholischen Kirche hatte der damalige Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, einen Gesprächsprozess ins Leben gerufen. Noch bis Herbst 2015 wird diskutiert, vor welchen Herausforderungen die Kirche steht.

Darauf hofft auch Alois Glück. Der scheidende Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) wünscht sich eine weitere "kontinuierliche und konstruktive Zusammenarbeit" zwischen Laien und Bischöfen. Der Gesprächsprozess, an dem das ZdK von Anfang an beteiligt war, habe eine Eigendynamik in Verbänden und Diözesen entwickelt. Beiderseits sei das Vertrauen gewachsen, so Glück. Ähnlich sieht das auch Initiator Zollitsch: "Was das Zweite Vatikanische Konzil und die Gemeinsame Synode der deutschen Kirche uns hinterlassen haben, ist noch lange nicht aufgearbeitet. Der Dialogprozess hat einen konstruktiven Beitrag dazu geleistet." Alle Beteiligten hätten gelernt, sich gegenseitig besser zu verstehen. Es sei eine neue Gesprächs- und Dialogkultur entstanden.

Doch reicht ein positives Gesprächsklima als Ergebnis nach fünf Jahren Dialog? In einer KNA-Umfrage zogen einige katholische Verbände vor wenigen Tagen eine kritische Bilanz. Zwar seien lange tabuisierte Themen wie Homosexualität oder die Situation wiederverheirateter Geschiedener zur Sprache gekommen, es fehle aber an konkreten Veränderungen, so die Verbandsvertreter. Ins gleiche Horn stieß am Montag auch katholisch.de-Autor Joachim Frank. Er bezeichnete den Gesprächsprozess im "Standpunkt" als "eine Form erweiterter Gruppentherapie" ohne konkrete Ergebnisse.

Droht eine "Kultur der Folgenlosigkeit"?

Und in der Tat: Viele Fragen blieben im Rahmen des Gesprächsprozesses unbeantwortet, viele Probleme ungelöst - vor allem solche, die den Laien seit Jahren auf den Nägeln brennen. Ob die Zulassung von wiederverheirateten Geschiedenen zu den Sakramenten, der Umgang mit Homosexuellen oder die Rolle der Frau in der Kirche: Hier konnte der Gesprächsprozess in fünf Jahren kaum Impulse setzen. Die einzig greifbare Änderung in dieser Zeit war die Reform des kirchlichen Arbeitsrechts, die am 1. August in fast allen Bistümern in Kraft trat.

ZdK-Präsident Glück warnte schon nach dem ersten Treffen 2011 in Mannheim vor einer "Kultur der Folgenlosigkeit". Das Treffen in Würzburg muss nun zeigen, dass diese Befürchtung unbegründet war.

Von Steffen Zimmermann

Linktipp

Die Deutsche Bischofskonferenz hat den Gesprächsprozess der vergangenen fünf Jahre auf ihrer Internetseite umfangreich dokumentiert. Dort finden Sie unter anderem zahlreiche Hintergund-Informationen sowie Dokumentationen zu den jährlichen Gesprächsforen.