Theologe fordert "synodale Katholizität" als Weg aus der Krise
Der Schweizer Theologe Arnd Bünker sieht die katholische Kirche an einem Wendepunkt und fordert einen grundlegenden Wandel. Angesichts tiefgreifender Krisen müsse sie den Weg zu einer "synodalen Katholizität" einschlagen, schreibt Bünker in einem Beitrag auf dem theologischen Online-Portal Feinschwarz (Montag). Diese bedeute nicht Uniformität, sondern die Fähigkeit, Kirche gemeinsam im Hören aufeinander und auf den Geist Gottes zu gestalten. Willkommen seien Menschen mit unterschiedlichsten Voraussetzungen und Lebensformen – auch beruflich Tätige in der Kirche, so der Theologe. Einziges Kriterium sei die Bereitschaft, sich im "synodalen Vollzug der Katholizität" relativieren zu lassen. "Es muss ausgehalten werden, dass andere sich auf ihre je eigene Weise beteiligen".
Bünker diagnostiziert daher fünf zentrale Krisenphänomene: eine Relevanzkrise, eine Institutionskrise, eine Sozialformkrise, eine Sozialisationskrise sowie eine Beteiligungskrise. Die Kirche habe an gesellschaftlicher Bedeutung verloren, traditionelle Gemeindestrukturen wirkten vielfach dysfunktional, und die Weitergabe des Glaubens gelinge immer seltener. "Für viele ist die Pfarrei bedeutungslos geworden. Sie wird auch in Krisen kaum noch adressiert. Dass man dennoch in der Pfarreistruktur eine starke Säule von Kirchlichkeit beobachtet, liegt vor allem daran, dass es kaum alternative Berührungspunkte zur Kirche und zu ihren Angeboten gibt", so Bünker.
Altes loslassen, Neues wagen
Statt an überholten Strukturen festzuhalten, plädiert Bünker dafür, "Altes loszulassen und Neues zu wagen". Bleibe eine solche Entscheidung aus, werde sich der "beschleunigte Zerfall der heutigen Kirchengestalt" fortsetzen. Es würden dann überwiegend "traditionell bis traditionalistisch eingestellte Katholik:innen" verbleiben – ein Phänomen, das sich laut Bünker etwa in Frankreich bereits zeige. "Gemessen an einer katholischen Kirche, die insgesamt kaum noch wahrnehmbar ist, sind traditionelle und traditionalistische Gruppierungen vergleichsweise stark", so der Theologe.
Die Kirchenleitung müsse sich in diesem Modell als dialogfähige Instanz verstehen. "Diese achtet in erster Linie nachdrücklich auf den Dialog der (bleibend) Unterschiedlichen als kontinuierlicher Herstellungspraxis von Katholizität", betont Bünker. Ein solcher Prozess bleibe notwendigerweise unabgeschlossen und verlange von allen Beteiligten eine "permanente Korrektur- bzw. Umkehrbereitschaft". (mtr)
