Bischof Wiesemann: Missbrauchsskandal hat mich tief erschüttert

Die Auseinandersetzung mit Missbrauch in der katholischen Kirche hat dem Speyerer Bischof Karl-Heinz Wiesemann persönlich zugesetzt. In einem Interview anlässlich seines 65. Geburtstags sagte er dem SWR am Freitag: "Dieses Thema bewegt mich zutiefst und fordert mich heraus. So sehr, dass ich vor fünf Jahren eine Auszeit genommen habe, um mich mit Unterstützung von außen damit auseinanderzusetzen."

Bei einem Klinikaufenthalt hätten ihm nicht nur das Personal, sondern auch Gespräche mit anderen Patienten geholfen. "Dieser Perspektivwechsel war wichtig", erklärte der Bischof. "Ich habe gelernt, mit Ohnmachtserfahrungen umzugehen, Hilfe anzunehmen und mich auf das Positive, auf das Schöne in der Welt zu konzentrieren." Man dürfe sich negativen Gefühlen nicht hingeben: "Die Sonne geht jeden Tag aufs Neue auf und man hat jeden Tag die Chance, Kraft aus diesem Licht zu schöpfen."

Engagierte als Lichtblicke

Mut gäben ihm auch die vielen Menschen, die sich in der Kirche engagierten. "Für mich sind die Menschen, die etwas Positives bewegen wollen und sich nicht einschüchtern lassen, wie Lichtblicke. Ich habe das Glück, dass ich in meinem Amt fast jeden Tag solchen Menschen begegne", sagte Wiesemann.

Mit Blick in die Zukunft sagte der Bischof, ihn als Vertreter der Babyboomer-Generation, die eine freiheitlich-demokratische Republik schaffen und erhalten wolle, beschäftigten die aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen: "'Nie wieder Krieg' – das steckt in mir drin. Und wenn ich heute in die Gesellschaft schaue, mit zahlreichen Kriegen und Tendenzen, sich wieder auseinanderzudividieren – weg auch vom europäischen Gedanken – das macht mir Sorgen." (KNA)