Ökumenischer Patriarch rechnet mit Einheit der Orthodoxie in Ukraine

Langfristig wird es nach Ansicht des Ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel nur eine orthodoxe Kirche in der Ukraine geben. Die von ihm gewährte Selbständigkeit (Autokephalie) der Orthodoxen Kirche der Ukraine (OKU) steht dabei für Bartholomaios I. nicht zur Debatte, sagte er im Interview mit dem französischen Fernsehsender "France 2". In der Ukraine gibt es neben der OKU die Ukrainisch-Orthodoxe Kirche, die früher zum Moskauer Patriarchat gehörte. Der Ökumenische Patriarch hatte 2019 die Autokephalie der OKU anerkannt. "Wir haben getan, was selbstverständlich war, nämlich den Ukrainern ihre eigene autokephale Kirche zuzugestehen", erklärt Bartholomaios nun seinen Schritt.
Es sei ein Fehler gewesen, dass die ukrainische Kirche nach dem Ende der Sowjetunion zunächst vom Moskauer Patriarchat die Autokephalie erbeten habe. "Sie hätten sich an das Ökumenische Patriarchat wenden müssen", so Bartholomaios. Die ukrainische Kirche habe das Recht auf Autokephalie, so wie jeder souveräne Staat das Recht auf eine unabhängige Kirche habe. Es sei aber das alleinige Recht des Ökumenischen Patriarchen, diese Unabhängigkeit zu gewähren – wie der Ökumenische Patriarch auch dem Moskauer Patriarchat im 16. Jahrhundert die Autokephalie gewährt habe.
Entscheidung für die Unabhängigkeit steht
Jetzt sei es an allen Christen beider orthodoxer Kirchen in der Ukraine, sich zu vereinigen. "Nicht nur theoretisch, sondern in den praktischen Realitäten des täglichen Lebens, und eine Ortskirche zu werden, die von allen Schwesterkirchen anerkannt wird." Er glaube, dass das früher oder später passieren werde, sei es in Jahren, sei es in Jahrzehnten. "Wir dürfen aber nicht ungeduldig sein und erwarten, dass das über Nacht geschieht", so Bartholomaios weiter.
Es sei bei vielen Kirchen so gewesen, dass ihre Autokephalie nicht sofort von allen orthodoxen Kirchen anerkannt wurde. Es habe immer eine Zeitlang gedauert, bis unter den orthodoxen Kirchen ein Konsens erreicht worden sei. "Auf jeden Fall wird das Ökumenische Patriarchat niemals zurückweichen und die der Ukraine gewährte Autokephalie widerrufen – das sage ich ganz klar."
Die Orthodoxe Kirche der Ukraine entstand 2018 aus dem Zusammenschluss der Ukrainisch-orthodoxen Kirche Kiewer Patriarchats und der Ukrainischen Autokephalen Orthodoxen Kirche. Knapp die Hälfte der Ukrainer gehören ihr an. Bis zur Gewährung der Autokephalie unterstand sie dem Ökumenischen Patriarchat. Die OKU wird bislang außer durch das Ökumenische Patriarchat von der Kirche von Griechenland, der Kirche von Zypern und dem Patriarchat von Alexandria anerkannt. Die Ukrainisch-Orthodoxe Kirche entstand 1990 und war Teil des Moskauer Patriarchats. Sie sagte sich 2022 von der russischen Kirche los. Ihr gehören etwa 13 Prozent der ukrainischen Staatsangehörigen an. (fxn)