Das liege im "wohlverstandenen Eigeninteresse" beider Seiten

Ex-Ampel-Politiker fordern Ablösung von Staatsleistungen an Kirchen

Veröffentlicht am 18.09.2025 um 12:25 Uhr – Lesedauer: 

Frankfurt ‐ 600 Millionen Euro im Jahr – so hoch sind die Staatsleistungen an die beiden großen Kirchen in Deutschland. Im Koalitionsvertrag von Union und SPD werden sie nicht erwähnt. Das Grundgesetz sieht ihre Ablösung vor. Nun gibt es neue Forderungen dazu.

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Die FDP-Politikerin Sandra Bubendorfer-Licht, Lars Castellucci (SPD) und Konstantin von Notz (Grüne) fordern ein Ende der Staatsleistungen an die Kirchen. "Eine Ablösung der Staatsleistungen liegt im wohlverstandenen Eigeninteresse beider: von Staat und Kirchen", schreiben sie in einem Gastbeitrag in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Donnerstag). Es sei nicht Aufgabe des Staates, "Religionsgemeinschaften zu alimentieren, noch dazu auf so einseitige und wenig plurale Weise". Im Interesse der Kirchen sei es, "nicht dem Vorwurf ungerechtfertigter Privilegien ausgesetzt" zu sein. Die meisten Staatsleistungen gehen zurück auf das Jahr 1803. Damals wurden zahlreiche Kirchengüter enteignet und verstaatlicht. Staatsleistungen sind vergleichbar mit Pacht- und Mietzahlungen.

Die Ampel-Regierung hatte 2021 die Ablösung von Staatsleistungen in ihren Koalitionsvertrag aufgenommen. Das Innenministerium arbeitete auf Grundlage von Gesprächen einen Zwischenbericht aus. Die Bundesländer lehnten eine weitere Zusammenarbeit dann aber einstimmig ab. Das kritisieren die drei Autoren des Gastbeitrags. Die Ablehnung der Bundesländer "zum jetzigen Zeitpunkt" zeuge einmal mehr von Kurzsicht statt Weitsicht, heißt es weiter. "Irgendwie scheint immer der falsche Zeitpunkt zu sein." Eine Ablösung der Staatsleistungen hätte die Länderhaushalte stark belastet, zukünftig würden sie dadurch aber um insgesamt mindestens 600 Millionen Euro jährlich entlastet. "Damit wären dringend benötigte Freiräume geschaffen worden", so die Autoren.

Alternativen zu hoher Ablösesumme

In dem Gastbeitrag wird ausdrücklich der Vorschlag der Rechtswissenschaftlerin Diana zu Hohenlohe in der Bundestagsanhörung zum Gesetzentwurf 2021 begrüßt. Kirchen oder kirchliche Gebäude auf staatlichem Grund sowie Kirchengebäude im Staatseigentum sollten als Teil der Verhandlungsmasse gesehen werden. Diese Grundstücke und Gebäude könnten den Kirchen übertragen werden. Gleichzeitig bestünde auf der anderen Seite die Möglichkeit, dass Länder Baulasten für Kirchengebäude übernähmen, anstatt eine konkrete Ablösesumme zu zahlen. "Das scheint ein pragmatischer Weg, das Thema Staatsleistungen noch im politischen Diskurs zu halten", so die Politiker. Im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD sind weder die Staatsleistungen an die Kirchen noch die Prüfung einer möglichen Ablösung erwähnt.

Die Weimarer Reichsverfassung von 1919 bestimmte, dass die Staatsleistungen durch Landesgesetze "abgelöst werden" sollen. Die Grundsätze hierfür muss die Bundesebene festlegen. Das Grundgesetz übernahm 1949 in Artikel 140 diese Verpflichtung. Für die beiden großen Kirchen zusammen machen diese Staatsleistungen jährlich etwa 600 Millionen Euro aus. (KNA)