Sehnsuchtsbegriff Synodalität – was ist das eigentlich?

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Vor zehn Jahren etablierte Papst Franziskus bei der 50-Jahr-Feier zur Errichtung der Bischofssynode einen neuen Begriff: "Synodalität". Dieser wurde schnell zu einem kirchenpolitischen Sehnsuchtsbegriff. Das ZdK versteht darunter, "verlässliche Strukturen zu stärken oder zu bilden, die […] ein hohes Maß an Partizipation bei kirchlichen Entscheidungsfindungsprozessen auf allen Ebenen […] gewährleisten". Thomas Söding, ZdK-Vizepräsident und Teilnehmer der Weltsynode, schreibt in seinem neuen Buch, dieses "Kunstwort […] schafft Raum für reale Reformen".
Bis heute ist umkämpft, was "Synodalität" bedeutet. Kardinal Víctor Manuel Fernández, Präfekt des Glaubensdikasteriums, sprach vergangene Woche von einer "verzerrten Form der Synodalität, die eine demokratische Änderung der Lehre will" – zu dieser "müssen wir Nein sagen und erkennen, dass es sich nur um den Anspruch einiger ideologischer Minderheitsgruppen handelt". Die Position des Vatikans beruht auf zwei Überzeugungen:
- Die Stände von Klerikern und Laien müssen getrennt bleiben. Die Internationale Theologische Kommission des Vatikans löst den "Prozess der Erarbeitung einer Entscheidung" vom "Treffen einer Entscheidung": "Die Erarbeitung ist eine synodale Aufgabe, die Entscheidung ist eine Verantwortung des Amtes."
- Eine Veränderung des Beratungsprozesses (mehr Laien einladen, runde Tische bei Synoden etc.) führt zu einer größeren Akzeptanz von Entscheidungen. Die Struktur der Entscheidungsfindung muss dafür nicht angetastet werden.
Tatsächlich ist es andersherum: Nur die Umverteilung von Entscheidungsmacht verändert den Prozess und führt folglich zu mehr Akzeptanz. Das ist jedoch vom Vatikan nicht gewünscht. So ist "Synodalität" zu einem klerikalen Kampfbegriff gegen innerkirchliche Demokratie geworden. Bessere Argumente – etwa bei der Bekämpfung sexuellen Machtmissbrauchs durch Kleriker – setzen sich in solchen synodalen Strukturen nicht durch. Ich bin gespannt, ob "Synodalität" in zehn Jahren für die Reformbewegungen immer noch als Sehnsuchtsbegriff taugt.
Der Autor
Simon Linder arbeitet als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Praktische Theologie an der Universität Tübingen. Er ist promovierter Katholischer Theologe und hat einen Studienabschluss in Allgemeiner Rhetorik. Aktuell forscht er zum Thema "Assistierter Suizid".
Hinweis
Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.