Offenheit ohne Änderung der Kirchenlehre

Theologe Tück sieht Papst Leo XIV. als "Reform-Dämpfer"

Veröffentlicht am 19.09.2025 um 12:50 Uhr – Lesedauer: 

Wien/Freiburg ‐ Päpstliche Doppelstrategie: Willkommen für alle – aber ohne Änderung der Lehre. Laut dem Theologen Jan-Heiner Tück verbindet Papst Leo XIV. Offenheit mit klarer Abgrenzung.

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Der Wiener Theologe Jan-Heiner Tück bezeichnet das aktuelle Papstinterview als "pontifikalen Reform-Dämpfer". Der Dämpfer treffe jene, die für eine Revision der kirchlichen Sexualmoral und den Zugang von Frauen zu Weiheämtern eintreten, schreibt Tück in einem Beitrag auf "communio.de".

In einem Gespräch mit der US-amerikanischen Vatikan-Journalistin Elise Ann Allen erklärte Papst Leo XIV. unter anderem, dass eine Änderung der kirchlichen Lehre zur Sexualität und Ehe äußerst unwahrscheinlich sei. Auch zur Frage der Öffnung des Diakonats für Frauen äußerte sich der Papst klar: "Derzeit habe ich nicht die Absicht, die Lehre der Kirche in diesem Punkt zu ändern."

Beim Thema Sexualmoral verfolge Leo eine doppelte Strategie, so Tück. "Einerseits setzt er die Willkommenskultur von Papst Franziskus fort", erklärt der Theologe. Jeder sei eingeladen, in die Kirche zu kommen und das Evangelium Jesu Christi zu hören, das zu Umkehr und Glauben aufrufe. Die Türen dürften für niemanden geschlossen werden. Andererseits sehe Leo keinen Anlass, die Lehre der katholischen Kirche zu verändern.

Kein "theologisches Gütesiegel"

Der Papst wolle "die Umcodierung der Geschlechterverhältnisse in den spätmodernen Gesellschaften des Westens offensichtlich nicht ungeprüft mit einem theologischen Gütesiegel versehen", so Tück. Im Gegenteil werbe Leo für Ehe und Familie als Keimzelle der Gesellschaft. "Die Kirche für alle offen zu halten, ohne sich den Imperativen der Diversität zu öffnen, das dürfte für viele hierzulande eine Quadratur des Kreises sein", so Tück. Der Papst positioniere sich als "Statthalter der Tradition".

Bei all dem sei dem Kirchenoberhaupt bewusst, dass Fragen von Geschlecht und Sexualität eine polarisierende Dynamik nicht nur in der Gesellschaft, sondern auch in der Kirche entfalten können, erklärte der Theologe mit Blick auf die aktuellen Papstaussagen: "Eine Haltung der Ausgrenzung will er überwinden, ohne Diversität unterschiedslos theologisch gutzuheißen." Damit berücksichtigt der Papst laut Tück, dass die Fokussierung der Aufmerksamkeit auf Fragen der sexuellen Orientierung nicht in allen Kontinenten gleich groß ist: "Was in Westeuropa gefordert wird, stößt in Afrika und Asien mehrheitlich auf Vorbehalte." (KNA)