Die erste große Personalentscheidung des neuen Papstes

Nachfolger von Leo: Das ist der neue Bischofspräfekt Iannone

Veröffentlicht am 01.10.2025 um 00:01 Uhr – Von Christoph Brüwer – Lesedauer: 

Bonn ‐ Wer wird der Nachfolger von Papst Leo XIV. als Bischofspräfekt? Diese Personalie war lange mit Spannung erwartet worden – nun ist klar: Es wird Erzbischof Filippo Iannone. Was die Entscheidung bedeutet – und den neuen Präfekten mit seinem Vorgänger verbindet.

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Beinahe fünf Monate wurde darauf gewartet, nun ist sie endlich da: die erste große Personalentscheidung von Papst Leo XIV. Am Freitag ernannte das Kirchenoberhaupt den italienischen Kurienbischof Filippo Iannone zum neuen Präfekten des Bischofsdikasteriums. Am 15. Oktober wird er das neue Amt übernehmen. Bedeutsam ist diese Ernennung nicht nur, weil das Dikasterium eines der Schlüsselressorts der Kurie ist – Papst Leo XIV. macht Iannone damit auch zu seinem direkten Nachfolger. Denn von 2023 bis zu seiner Wahl als Papst fungierte der damalige Kardinal Robert Francis Prevost selbst als Leiter dieser Behörde.

Betrachtet man die Personalie, fallen sofort die Parallelen zwischen Iannone und Papst Leo XIV. auf: Beide sind promovierte Kirchenrechtsexperten und Ordensleute, beide gelten als eher zurückhaltend und analytisch, sind ähnlich alt, haben eine eher schmale und kleine Statur und kamen unter Papst Franziskus an die Kurie.

Der jüngste Bischof Italiens

Praktische Erfahrung mit den Aufgaben eines Bischofs konnte der Karmeliter Iannone bereits selbst verschiedentlich sammeln: 2001 wurde der aus Neapel stammende Ordensmann zum Weihbischof der Erzdiözese Neapel ernannt. Mit gerade einmal 43 Jahren war er damals der jüngste Bischof Italiens. 2009 machte Papst Benedikt XVI. ihn zum Bischof von Sora-Aquino-Pontecorvo im römischen Umland. Drei Jahre später berief das Kirchenoberhaupt Iannone als Vizeregenten in das Bistum Rom. Iannone erhielt dafür den persönlichen Titel eines Erzbischofs.

2017 folgte für den Kanonisten schließlich der Ruf an die Kurie, zunächst als beigeordneter Sekretär des Päpstlichen Rates für die Gesetzestexte. Papst Franziskus berief ihn 2018 zum Präsidenten dieses Rates, der nach der Apostolischen Konstitution "Praedicate Evangelium" (2022) zum Dikasterium und Iannone damit zum Präfekten wurde. In seiner Zeit als Präfekt trat Iannone öffentlich allerdings wenig in Erscheinung – am ehesten noch damit, dass er als einer von wenigen Präfekten nie den Kardinalshut erhielt.

Bild: ©KNA (Symbolbild)

Der neue Bischofspräfekt ist ein ausgewiesener Kirchenrechts-Experte.

Die Berufung Iannones zum Bischofspräfekten lässt sich durchaus als Kontinuität zwischen Papst Leo XIV. und seinem Vorgänger Franziskus deuten. So entschied Leo sich dafür, einen verdienten Kurialen statt eines engen Vertrauten in das Amt zu heben. Auch die Entscheidung, den bisherigen Sekretär und Untersekretär der Behörde für fünf weitere Jahre zu berufen, deuten auf diese Interpretation hin.

Das Bischofsdikasterium zählt zu den wichtigsten Einrichtungen der Kurie, weil hier die Ernennung künftiger Bischöfe vorbereitet wird. Außerdem kümmert das Dikasterium sich um die Ausbildung neuer Bischöfe – aber auch um Disziplinarverfahren und die Rücktritte von Bischöfen von ihrem Amt. Die Behörde hat damit Einfluss auf die kirchenpolitische Ausrichtung der Teilkirchen in Europa, Amerika, Australien und einigen Staaten Asiens und Afrikas.

Eine Aufgabe für Iannone dürfte künftig darin liegen, das Verfahren zur Bestellung neuer Diözesanbischöfe partizipativer zu gestalten. So wünschte sich die Synodalversammlung im Abschlussdokument der Weltsynode, "dass das Volk Gottes bei der Wahl der Bischöfe eine größere Stimme hat" (Nr. 70). Eine noch von Papst Franziskus eingerichtete Studiengruppe unter der Leitung des emeritierten Münsteraner Bischofs Felix Genn bearbeitet dieses Thema derzeit. Doch nicht nur die Beteiligung des Gottesvolks an der Bischofsauswahl ist Thema dieser Studiengruppe. Eine Untergruppe mit dem Titel "Der Bischof – Richter und Vater" beschäftigt sich mit der richterlichen Aufgabe des Bischofs – gerade im Umgang mit Missbrauchsfällen – und wie diese Rolle mit der des "Vaters" zu vereinbaren ist. Koordinator dieser Untergruppe: der neue Bischofspräfekt, Erzbischof Filippo Iannone.

Gespräche zwischen DBK und Kurie im Vatikan
Bild: ©Matthias Kopp/Deutsche Bischofskonferenz

Teil der Gespräche zwischen deutschen Bischöfen und Vertretern des Heiligen Stuhls war auch der neue Bischofspräfekt, Erzbischof Filippo Iannone (6. v.r.)

Grundsätzlich dürften diese rechtlichen Belange dem Kanonisten liegen. So gilt Iannone als einer der Architekten der 2023 eingeführten Verschärfung des Motu Proprios "Vos estis lux mundi", das Vorschriften für den Umgang mit Missbrauchsfällen in der Kirche beinhaltet.

An Aufgaben dürfte es dem 67-jährigen neuen Bischofspräfekten folglich nicht mangeln. Auch in Deutschland: Neben dem Bischofsstuhl in Eichstätt ist mit Münster derzeit auch die mitgliederstärkste Diözese Deutschlands vakant. Mit der Kirche in Deutschland verbindet Iannone übrigens eine Vorgeschichte. So fertigte er – damals noch als Präsident des Päpstlichen Rates für Gesetzestexte – ein Gutachten mit kirchenrechtlichen Bedenken gegenüber dem Synodalen Weg an. Das Gutachten lag 2019 einem Brief des damaligen Bischofspräfekten, Kardinal Marc Ouellet, an den damaligen Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), Kardinal Reinhard Marx, bei.

Synodalität "kein Synonym für Demokratie"

Damals ging es um die Satzung des Reformprojekts der Kirche in Deutschland. Tenor: Eine Gleichberechtigung von Laien und Bischöfen könne bei den Abstimmungen kirchenrechtlich keinen Bestand haben. "Wie kann sich eine Bischofskonferenz von einer Versammlung dominieren lassen, von der die meisten Mitglieder keine Bischöfe sind?", fragte Iannone. Die Erarbeitung von Beschlüssen könne demnach eine synodale Aufgabe sein, die Entscheidung sei jedoch "eine Verantwortung des Amtes". Synodalität in der Kirche sei "kein Synonym für Demokratie oder Mehrheitsentscheidungen", so der Kanonist.

Auch bei den späteren Treffen von DBK- und Kurienvertretern nahm Iannone teil. Auch zuletzt musste er sich mit Satzungen aus Deutschland beschäftigen: Ein Entwurf für eine Satzung für das synodale Gremium auf Bundesebene landete ebenfalls auf seinem Schreibtisch. Bei den Verhandlungen dazu soll er Berichten zufolge eine konstruktive Rolle gespielt haben – noch eine Parallele mit Papst Leo XIV.

Von Christoph Brüwer