EVP-Chef Weber sieht Streit um Definition von "christlichem Europa"
CSU-Europapolitiker Manfred Weber hat mit Papst Leo XIV. über die christliche Basis der Europäischen Union gesprochen. "Wichtig war es mir, darauf hinzuweisen, dass rechtsradikale und nationalistische Kräfte für sich in Anspruch nehmen, sie würden das christliche Europa verteidigen, zum Beispiel beim Thema Migration", sagte der Europaparlamentarier der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) nach einer Audienz im Vatikan am Montag. Es gebe sozusagen einen Definitionsstreit um das "christliche Europa" zwischen Politikern wie Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban und den Christdemokraten. "Ich habe darauf hingewiesen, dass wir da die Stimme der katholischen Kirche und des Papstes brauchen, die darstellt, was christlich bedeutet."
Weber, der Vorsitzender der Europäischen Volkspartei (EVP) und der EVP-Fraktion im Europäischen Parlament ist, war gemeinsam mit Mitgliedern einer EVP-Arbeitsgruppe zu interkulturellem und interreligiösem Dialog im Vatikan. Der Papst rief bei seiner auf Englisch vorgetragenen Rede dazu auf, politisch aktive Christen sollten "Männer und Frauen des Dialogs" sein. Den Dialog zwischen Kulturen und Religionen voranzubringen, sei ein "Schlüsselziel für christliche Politiker". Dafür sei es nötig, "tief im Evangelium und den daraus resultierenden Werten verwurzelt zu bleiben und gleichzeitig Offenheit, Zuhören und Dialog mit Menschen anderer Herkunft zu pflegen.
Der Papst nahm in seiner Rede auch Bezug auf die katholisch-christdemokratischen Gründerväter der Europäischen Union, Robert Schuman, Konrad Adenauer und Alcide De Gasperi. Sie seien Vorbilder für "eine Denk- und Handlungsweise, die den Wert der Religion bekräftigt und gleichzeitig die Unterscheidung – weder Trennung noch Vermischung – vom politischen Bereich bewahrt".
Vergebung als Grundlage von Europa
Weber begrüßte diesen Bezug auf die christdemokratische Basis Europas. "Das war ein Zeichen der Ermutigung, dass ihm bewusst ist, dass Europa auf zutiefst christlichen Werten fußt wie Vergebung und dem Überwinden von Hass", so der Politiker. "Ich habe in meiner Erwiderung deutlich gemacht, dass wir das europäische Projekt in diesem christlichen Geiste weiterführen wollen."
Im Mittelpunkt der Gespräche habe auch die Frage nach Krieg und Frieden gestanden, so Weber. Mit Blick auf den Krieg in der Ukraine hat er nach eigener Aussage deutlich gemacht, dass Putin nicht auf Frieden aus sei und ein klares Wort der Kirche ein wichtiges Signal wäre. Thematisiert worden sei auch der Klimaschutz und Künstliche Intelligenz.
"Wir durften einen offenherzigen Papst erleben, der voller Motivation, voller Interesse war. Ich habe ihn so erlebt, dass er zuhört, wirklich verstehen und dazulernen möchte", schilderte Weber seine Eindrücke. Der CSU-Politiker ist Katholik und Mitglied im Zentralkomitee der Katholiken. Aus seiner niederbayerischen Heimat brachte Weber dem Papst eine Motivkerze mit, aus einer Kerzenfabrik in Deggendorf. Sie ziert unter anderem eine Mariendarstellung und eine Europafahne. (KNA)
