Orthodoxe Christen haben am Mittwoch die Taufe Jesu gefeiert

Ein Sprung ins kalte Wasser

Veröffentlicht am 06.01.2016 um 14:45 Uhr – Lesedauer: 
Orthodoxie

Sofia/Athen  ‐ In Bulgarien, Griechenland und Zypern ist er ein alljährliches Ritual, mit dem orthodoxe Christen die Taufe Jesu feiern: der Sprung ins kalte Wasser. Zum ersten Mal seit 94 Jahren fand die Zeremonie dagegen wieder in der türkischen Metropole Izmir statt.

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Höhepunkt des alljährlichen Rituals in Bulgarien war der traditionelle "eisige Reigentanz" Dutzender Männer aus dem Balkanstädtchen Kalofer in dem Fluss Tundscha. In Griechenland war das Wasser nach Angaben des Meteorologische Amtes mit etwa 15 Grad nicht ganz so kalt. Gläubige und Geistliche gingen in Prozessionen ans Meer oder an einen See. Gleichzeitig sprangen dann Hunderte junge Männer und einige Frauen ins Wasser. Der Volksmund sagt, dass derjenige, der das Kreuz gefunden und aus dem Wasser geholt hat, das ganze Jahr über gesund sein und Glück haben wird. Sollte bei der Kälte das Kreuz im Wasser einfrieren, gibt es eine gute Ernte.

Erstmals nach 94 Jahren fand eine entsprechende Zeremonie auch im Hafen der türkischen Stadt Izmir statt, die einst fast zur Hälfte von Griechen bewohnt wurde. Die orthodoxen Christen feierten Taufe und Erscheinung des Herrn mit entsprechender Genehmigung der türkischen Behörden. Auch hier warf der Priester ein Kreuz ins Wasser und ließ zudem eine Taube frei. Der griechische TV-Nachrichtensender Skai übertrug die Zeremonie live. An der Feier nahmen in Izmir arbeitende Griechen und Gläubige anderer orthodoxer Kirchen teil. Auch der katholische Bischof der Region, Besucher aus Griechenland sowie zahlreiche türkische schaulustige Einwohner waren anwesend, wie das Fernsehen berichtete.

Nach einem türkisch-griechischen Krieg und Gräueltaten beider Seiten mussten im Jahr 1922 fast 1,5 Millionen Griechen Kleinasien verlassen und nach Griechenland umsiedeln. Umgekehrt traf es rund 400.000 Türken. Die Vertreibung war von den Regierungen der beiden Länder offiziell vereinbart und mit dem Begriff "Bevölkerungsaustausch" bezeichnet worden. Trotz zahlreicher aktueller Streitigkeiten um Hoheitsrechte in der Ägäis und der Zypernfrage versuchen Griechenland und die Türkei heute mit vertrauensbildenden Maßnahmen die Lage zu entschärfen. (bod/dpa)