Die alte Harry-und-Sally-Frage
Immer schwingt eine ausgesprochene oder unausgesprochene Behauptung mit: Da muss doch mehr gelaufen sein. Die alte Harry-und-Sally-Frage: Können Männer und Frauen überhaupt befreundet sein? Oder geht es eigentlich immer um Sex? Erst recht ist es spektakulär, wenn ein Tabu noch zusätzliche Würze ergänzt: Ehebruch, und noch besser: Zölibat, und am besten, wie hier: die verheiratete Freundin des Papstes. Die Geschichte läuft, Fakten hin oder her, Boulevard vom feinsten.
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Hinter der Geschichte steht aber noch eine andere Frage – in der Tat die nach dem Zölibat und wie Menschen, die in den Zölibat gerufen sind, ihn leben. Der Zölibat bedeutet nicht Verzicht auf Beziehungen, im Gegenteil öffnet der Zölibat für Beziehungen, macht Menschen frei für Beziehungen – zu anderen Menschen und zu Gott. Und umgekehrt müssen Zölibatäre in ihrer Berufung auch getragen werden – durch Freundschaften wie die Johannes Pauls II. zu Anna-Teresa Tymieniecka, aber auch durch Verständnis und Respekt gegenüber den Beziehungen des zölibatär Lebenden – der ja immer noch ein Mensch bleibt und nicht durch das Zölibatsversprechen plötzlich beziehungslos und weniger bedürftig wird.
Zu wenig Respekt gegenüber dem Zölibat
Um den Mangel an Respekt für die Berufung in den Zölibat zu sehen, braucht es nicht die Fallhöhe eines Papstes. Es genügt schon, wenn die Berufung von Pfarrhaushälterinnen nicht wahrgenommen wird, man glaubt es doch besser zu wissen, was da wirklich passiert. Es genügt schon, wenn genau danach gesehen und getratscht wird, mit wem der Herr Pfarrer sich trifft, wer privat im Pfarrhaus ein- und ausgeht.
Ob es Priester, Ordensleute, geweihte Jungfrauen oder eben Päpste sind – jede ihrer engen Beziehungen, ob zum eigenen oder zum anderen Geschlecht, unter eine Hermeneutik des Verdachts zu stellen: Gerade das ist eine effektive Methode, das Leben im Zölibat schwer zu machen. Glücklich ist da, wer trotzdem einen guten Freund hat – oder eine gute Freundin.
