Umfrage der Bischofskonferenz offenbart Gewalt gegen Christen

Bischöfe wollen besonderen Schutz für Christen

Veröffentlicht am 10.05.2016 um 15:38 Uhr – Lesedauer: 
Flüchtlinge

Bonn/Vatikanstadt ‐ Einschüchterung, Diskriminierung, Gewalt: Die Berichte über Repressalien gegen christliche Flüchtlinge häufen sich. Die deutschen Bischöfe wollen die Probleme in kirchlichen Einrichtungen nicht tolerieren.

  • Teilen:

Die Bischofskonferenz berichtete zudem über eine aktuelle Umfrage zur Situation von christlichen Flüchtlingen in den deutschen Bistümern. Diese Erhebung "legt die Einschätzung nahe, dass Einschüchterung und Diskriminierung (bis hin zu Gewalt) gegenüber christlichen Bewohnern von Flüchtlingseinrichtungen kein geläufiges, wohl aber ein immer wieder auftretendes Problem sind, das ernst genommen werden muss".

Weniger Gewalt in kirchlichen Einrichtungen

Dies hätten auch Gespräche mit Caritas, Maltesern und anderen katholischen Organisationen, die Flüchtlingseinrichtungen unterhalten, sowie mit staatlichen Stellen und privaten Sicherheitsdiensten bestätigt. "Kirchlich betriebene und generell kleinere Einrichtungen sind dabei offenkundig weniger betroffen als andere", betonte der Sprecher der Bischofskonferenz, Matthias Kopp. Eine Quantifizierung des Problems, wie sie in einer Pressekonferenz mehrerer Organisationen am Montag vorgenommen worden sei, "hält die Deutsche Bischofskonferenz aufgrund der ihr vorliegenden Informationen für nicht möglich", so Kopp weiter.

Am Montag hatten mehrere Menschenrechtsorganisationen Ergebnisse einer eigenen Umfrage vorgelegt und dabei von anhaltender Gewalt gegen Christen und Angehörige anderer religiöser Minderheiten in deutschen Flüchtlingsunterkünften berichtet. In der Erhebung hatten sie 231 Fälle aus Deutschland dokumentiert, die von Diskriminierung über Körperverletzung bis hin zu sexuellen Übergriffen und Todesdrohungen gingen. Nach Einschätzung von Markus Rode von "Open Doors" ist dies nur "die Spitze des Eisbergs". Die 231 antwortenden Flüchtlinge kamen den Angaben zufolge vor allem aus dem Irak, Afghanistan und Syrien; 199 waren Konvertiten zum Christentum. 204 gaben an, von anderen Flüchtlingen aus religiösen Gründen angegriffen worden zu sein.

Bei der Weiterentwicklung von Standards für Flüchtlingsunterkünfte empfehlen die Bischöfe, "insbesondere die Erfahrungen jener zahlreichen Einrichtungen zu berücksichtigen, in denen das Zusammenleben von Menschen verschiedener religiöser und kultureller Prägung gut funktioniert". Dazu wollen sie auch eigene Empfehlungen erarbeiten und vorlegen.

Linktipp: Studie: Konvertiten werden am häufigsten Opfer

Christliche Konvertiten leiden am stärksten: Das evangelikale Hilfswerk "Open Doors" hat Diskriminierung und Gewalt in deutschen Flüchtlingsunterkünften erforscht. Das Ergebnis fällt ernüchternd aus.

Papst Franziskus forderte unterdessen die Staatengemeinschaft auf, Christen und andere religiöse Minderheiten im Nahen Osten besser zu schützen. Er hoffe, dass es ihr gelinge, "weise und gerecht" auf die "beispiellose Gewalt" zu antworten, unter der besonders die Christen in Syrien und im Irak sowie andere religiöse Minderheiten litten, heißt es in einem Brief an das Oberhaupt der koptischen Kirche, Papst Tawadros II., den der Vatikan am Dienstag veröffentlichte.

"Meine Gedanken und Gebete sind jeden Tag bei den christlichen Gemeinden in Ägypten und im Nahen Osten, wo so viele Elend und tragische Situationen erleben", so Franziskus darin weiter. Wie Tawadros II. sei auch er sehr besorgt um die Lage der Christen in der Region. Das Oberhaupt der katholischen Kirche betonte in dem Brief zum Tag der Freundschaft zwischen Kopten und Katholiken, der am Dienstag begangen wurde, auch die Fortschritte im Dialog der beiden christlichen Religionen.

Franziskus betont Gemeinsamkeiten der Konfessionen

"Was uns verbindet ist größer, als das, was uns teilt", schreibt Franziskus. Kopten und Katholiken teilten wichtige Werte, wie die Würde des menschlichen Lebens, die Heiligkeit von Ehe und Familie sowie den Respekt für das Leben und die den Menschen von Gott anvertraute Schöpfung. "Angesichts vieler aktueller Herausforderungen sind Kopten und Katholiken aufgerufen, eine gemeinsame Antwort zu finden, die auf dem Glauben basiert." Franziskus erinnerte zudem an das Treffen mit dem Kopten-Papst vom 10. Mai 2013 im Vatikan und lobte den gemeinsamen Weg. "Nach Jahrhunderten der Stille, von Missverständnissen und sogar Feindschaft, vermehren sich die Begegnungen von Katholiken und Kopten jetzt wieder, es gibt Dialog und Zusammenarbeit bei der Verkündigung des Glaubens und im Dienst für die Menschen."

Die Kopten sind die größte christliche Gemeinschaft in Ägypten. Sie führen ihre Anfänge auf den Evangelisten Markus zurück. Angaben über Mitgliederzahlen schwanken zwischen 7 und 10 Millionen unter den insgesamt rund 80 Millionen Einwohnern Ägyptens. Etwa eine weitere halbe Million Kopten lebt in anderen Ländern, davon schätzungsweise 6.000 in Deutschland. (KNA)