Geschichten am Rande des 100. Katholikentags

#kt16 bunt, verrückt und wunderbar

Veröffentlicht am 27.05.2016 um 15:50 Uhr – Lesedauer: 
Ein Mädchen hält den grünen Schal des Katholikentags hoch. Zu lesen ist das Motto des Katholikentags "Seht, da ist der Mensch".
Bild: © KNA
Katholikentag

Leipzig ‐ Abseits der großen Bühne: katholisch.de-Reporter über die kleinen Geschichten des Katholikentags.

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Kosaken-Chor in Leipzig
Bild: ©katholisch.de

Der Rostov Don Kosaken Chor auf dem Katholikentag in Leipzig.

Qualitäten von Sängern

Auch jenseits des offiziellen Programms ist etwas los auf dem Katholikentag. Wer durch die Innenstadt schlendert, bekommt immer wieder Informationen und Prospekte zugesteckt, überall ist Straßenmusik zu hören – vom klassischen Kirchenchor bis zur Jazzband. Aber auch Ausgefalleneres ist dabei: Die russischen, weißrussischen und ukrainischen Sänger des Rostov Don Kosaken Chor in ihren blauen Militärkostümen und den Reiterstiefeln wechseln ab zwischen melancholischen Liedern und fetzigen Folklore-Stücken. Das kommt an: Fast im Sekundentakt werfen Passanten eine Münze in den aufgestellten Korb. Als sich der blonde Sänger nach einem weiteren Lied etwas theatralisch verbeugt, flüstert eine Passantin anerkennend zu ihrer Begleitung: "Dabei sieht der gar nicht so aus, als hätte er eine schöne Stimme". Ob sie wohl eine der angebotenen CDs kaufen wird? (gho)

"Nimm dir ein Lächeln mit"
Aufkleber: "Abtreibung muss legal sein."
Bemalte Häuserwand in Leipzig
Bonbons von katholisch.de
Galerie: 7 Bilder

Es grünt in Leipzig

Fast jeder Teilnehmer des 100. Katholikentags hat sich einen Katholikentags-Schal in grasgrüner Farbe umgehängt. Aber am Hals belassen ihn viele nicht und suchen nach kreativeren Lösungen: Sie setzen ihn ein als Kopftuch, Haarschmuck, Unterarmwickel, Rucksackanhängsel oder Handtaschenverzierung. Auch an Wanderstöcken oder Regenschirmen flattert er zuweilen, Wasserflaschen kann man offenbar ebenso mit ihm umwickeln - und bei manchem Dauerkatholikentagsbesucher wird er mit den Schals der vorherigen Katholikentage zu einem bunten Zopf zusammengeflochten. (jhe)

Eine Hausfassade mit einer bunten Aufschrift
Bild: ©katholisch.de

Anleitung zum "Real Life" auf einer Leipziger Hausfassade.

Pastell auf Grau

Der Blick aus meinem Zimmer im zweiten Stock eines Hotels in der Leipziger Innenstadt ist grau und betonlastig: Ein Parkplatz, ein Mehrfamilienhaus im Plattenbaustil, die fensterlose Rückseite eines Altbaus. Trotzdem stehe ich gern am Fenster und schaue hinaus: Denn auf einer Fassade prangt ein riesiger Farbtupfer, der locker über drei Etagen geht. Jemand hat eine Liste an eine Hauswand gemalt, die die Anleitung für das "Real Life" sein soll. Sie besteht aus zehn zum Teil skurrilen Punkten: Du SOLLST NICHT Deinen Pass verbrennen, Kontinente ignorieren, Dich separieren, sind drei der Regeln. Man könnte die Aufzählung aber auch genau andersherum lesen: Du SOLLST…. Eine kurze Google-Suche zeigt, dass die Malerei auch schon vielen aufgefallen ist. Angeblich stammt sie von dem englischsprachigen Künstler Ross Sinclair, der auch an anderen Orten solche Anleitungen hinterlassen hat. Für mich ist sie jedenfalls eine schöne Gedankenanregung – als die "etwas andere" Variante der zehn Gebote. (gho)

Eine Figur mit einer Tafel, auf der "11. Gebot" steht.
Bild: ©katholisch.de

Das "11. Gebot" kritisiert öffentliche Finanzspritzen für den Katholikentag

Das 11. Gebot

Apropos zehn Gebote: Geht es nach der Giordano-Bruno-Stiftung, die sich als Lobby von Atheisten in Deutschland versteht, war das einmal. Denn sie hat das 11. Gebot erfunden: "Du sollst Deinen Katholikentag selbst bezahlen", lautet es – und versteht sich als Kritik an den öffentlichen Zuschüssen zu dem Treffen. Im Vorfeld des Leipziger Katholikentags hatte es deshalb scharfe Auseinandersetzungen gegeben. So erteilte der Stadtrat erst nach langem Hin und Her seine Zustimmung für die Finanzspritze von einer Million Euro. Von den rund 10 Millionen, die der Katholikentag kostet, zahlt die öffentliche Hand insgesamt rund 4,5 Millionen. (gho)

Grüne Fingernägel
Bild: ©katholisch.de

Grüner Nagellack - passend zur Farbe des 100. Katholikentags.

Gönnen können

Mittwochabend, in einem Discounter der Innenstadt. Eine Gruppe junger Erwachsener betritt den Gang mit den Getränken, die grellgrünen Bänder weisen sie als Katholikentagsbesucher aus. "Ich will jetzt eigentlich nur noch ein Bier", sagt einer von ihnen, ein junger Mann. Auf den Einwand eines anderen, er habe Hunger und wolle auch noch etwas essen, meint er: "Obwohl... so eine Wurst, die könnte ich mir auch noch gönnen. Und wir sind ja Katholiken, wir können das ja mit dem Feiern und dem Uns-was-gönnen." (jhe)

Ein Vogel sitzt auf einem Tisch
Bild: ©katholisch.de

Unten rechts im Bild sitzt der kleine Gast: Ein Vogel, der offensichtlich indisches Essen mag.

Schräger Vogel

Die Meute an Besuchern, die zum Katholikentag in Leipzig einfällt, ist bisweilen auch eine hungrige Meute. In den Restaurants und Cafés in der Innenstadt sind immer mehr grüne und violette Schals zu sehen. Wir sitzen am Mittwochabend in Sichtweite der Nikolaikirche an den Außentischen eines indischen Fingerfood-Restaurants. Dazu gesellt sich noch ein ganz besonderer Gast: Auf der Lehne eines freien Stuhls am Nachbartisch hat es sich ein kleiner Vogel bequem gemacht. Er hüpft auf und ab und schaut erwartungsvoll von einem zum anderen Menschen, die vor ihren Tellern mit dampfendem Reis sitzen. Als wir unser Essen bekommen, kommt er auch zu uns. "Scheu" ist ihm völlig fremd, vertreiben lässt er sich nur durch hartnäckige Gesten. Würden wir ihn lassen, würde er uns unsere Mahlzeit wohl vom Teller picken. Was ist das für ein schräger Vogel? Eine Taube wohl nicht, dafür ist das Tier eindeutig zu klein. Ein schöner, friedlicher Willkommengruß war es trotzdem. (gho)