Jeremias Schröder über den neuen Marshallplan für Afrika

Der Abbau beschwerlicher Grenzen

Veröffentlicht am 15.02.2017 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 
Standpunkt

Bonn ‐ Jeremias Schröder über den neuen Marshallplan für Afrika

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Der neue "Marshallplan für Afrika" des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit ist sehr beachtlich und enthält viel Richtiges. Er enthält allerdings auch insgesamt eher viel, was vielleicht eine kleine Schwäche ist.

Das fällt besonders auf, wenn man die tiefgreifende Veränderung Afrikas während des letzten Jahrzehnts beachtet. Die wurde nämlich - neben der digitalen Revolution – vor allem von den massiven Infrastruktur-Investitionen der Volksrepublik China vorangetrieben. Selbst entlegene Provinzen kann man heute mit den landesüblichen Second-Hand-Kleinbussen aus Japan auf Teerstraßen erreichen. Neue Häfen und Eisenbahnstrecken entstehen. Wie jeder weiß, geht es den Chinesen um Zugang zu den Rohstoffen Afrikas. Aber die Transformation ist trotzdem gelungen, und von ihr profitieren eben nicht nur chinesische Bergbaufirmen, sondern auch die kleinen Händler und sogar die Bauern, deren Erzeugnisse die Städte erreichen, bevor sie verderben. China hat mehr zur Modernisierung Afrikas beigetragen als jahrzehntelange Entwicklungshilfe.

Gegen Chinas Wirtschaftsziele gibt es inzwischen eine Reaktion. Ein großes chinesisches Hafenprojekt in Tanzania wurde stillschweigend von der Regierung gestrichen, und die neue Eisenbahn von Daressalaam nach Morogoro bauen Firmen aus der Türkei und Portugal, übrigens parallel zur uralten Bahnlinie der deutschen Kolonie.

Was kann man trotzdem von den Chinesen lernen? Konzentration auf wenige Ziele wirkt. Anstelle der umfassenden Entwicklungstheorie, die auch den Marshallplan prägt, wäre es klüger, auf realisierbare Ergebnisse in klar beschriebenen Bereichen zu drängen. Wer afrikanische Grenzübergänge kennt, mit ihrem unbeschreiblichen Chaos, kilometerlangen LKW-Schlangen und tagelangen Zeitverlusten, der könnte das für ein dankbares Feld halten. Europäer verstehen ja etwas vom Abbau beschwerlicher Grenzen.

Von Jeremias Schröder OSB

Der Autor

Jeremias Schröder OSB ist Abtpräses der Benediktinerkongregation von St. Ottilien.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt nicht unbedingt die Meinung der Redaktion von katholisch.de wider.