Warum oder Wozu?

HTML-Elemente (z.B. Videos) sind ausgeblendet. Zum Einblenden der Elemente aktivieren Sie hier die entsprechenden Cookies.
Letztens an der Supermarktkasse war wieder so ein kleiner Mann, der seine Mama fast zur Verzweiflung brachte. Warum darf ich keinen Lutscher haben? – Weil Du davon schlechte Zähne bekommst. – Warum bekomme ich davon... – Weil... – Warum... Mit unglaublicher Geduld beantworten Mamas und Papas jeden Tag solche Fragen.
Und es nimmt kein Ende. Die Warum-Frage begleitet uns durchs Leben. Ich höre sie immer wieder, wenn ich im Gespräch mit Menschen auf deren Lebenssituation schaue. Warum muss das ausgerechnet jetzt passieren, warum mir? Warum frage ich mich selbst zuweilen – warum bin ich so und nicht anders – und gerate damit in eine antwortlose Sackgasse.
Warum ist auch die Frage, mit der unser Evangelium beginnt. Warum ist dieser Mann blind geboren? Das ist doch nicht fair! Warum trifft jemanden ein solches Los, warum muss jemand so beeinträchtigt durchs Leben gehen? Warum bloß, woran liegt es – ist er selber schuld, lag es an den Eltern?...
Und das Überraschende: Jesus antwortet darauf nicht, es scheint, dass ihn die Frage nicht sonderlich interessiert. Er dreht die Blickrichtung der Fragenden um und öffnet die Perspektive für ein Wozu. Was kann daraus werden, welche Lebensmöglichkeiten stecken in dieser Situation, was kann Gott daraus machen? Ähnliches sagt die moderne Logotherapie, überzeugt, dass sich jede Situation mit Sinn und Zukunft füllen lässt. Ihr Begründer, Viktor Frankl sagt: Menschliches Verhalten wird nicht von Bedingungen diktiert, die der Mensch antrifft, sondern von Entscheidungen, die er selber trifft.
Unser blinder junger Mann hätte entgegnen können: Die haben gut reden. Wie soll das denn gehen, in so einer verkorksten Situation irgendetwas Gutes, gar eine Zukunft zu finden?
Und dann zeigt das Evangelium, wie es gehen kann, auf welche Entscheidungen es dabei ankommt. Die erste Entscheidung, die der blinde Mann trifft, ist: Stillhalten und Jesus an sich ranlassen. Und Jesus lässt sich nicht lumpen; er ergreift die Initiative und streicht dem blinden Mann einen Teig aus Speichel auf die Augen – Spucke als Heilmittel. Jesus geht richtig ran, sehr persönlich, sehr intim. Der blinde Mann lässt Jesus das Heilmittel wählen und anwenden. Darum geht es also: Zulassen, dass Jesus nahe kommt, ganz nahe, noch näher. Die zweite Entscheidung des blinden Mannes liegt darin mitzuwirken, sich von Jesus schicken zu lassen: Geh und wasch dich – eine klare Ansage. Und es gibt eine dritte Entscheidung: Unser Mann entschließt sich zu sprechen, seine Geschichte zu erzählen und Jesus zu bekennen.
Ganz nebenbei entsteht Perspektive. Da ist sie, die Zukunft! Da hat einer seine Lebensaufgabe gefunden: Jünger werden und Jesus bezeugen.
Evangelium nach Johannes (Joh 9, 1-41)
In jener Zeit sah Jesus einen Mann, der seit seiner Geburt blind war. Da fragten ihn seine Jünger: Rabbi, wer hat gesündigt? Er selbst? Ober haben seine Eltern gesündigt, so dass er blind geboren wurde?
Jesus antwortete: Weder er noch seine Eltern haben gesündigt, sondern das Wirken Gottes soll an ihm offenbar werden. Wir müssen, solange es Tag ist, die Werke dessen vollbringen, der mich gesandt hat; es kommt die Nacht, in der niemand mehr etwas tun kann.
Solange ich in der Welt bin, bin ich das Licht der Welt. Als er dies gesagt hatte, spuckte er auf die Erde; dann machte er mit dem Speichel einen Teig, strich ihn dem Blinden auf die Augen und sagte zu ihm: Geh und wasch dich in dem Teich Schiloach! Schiloach heißt übersetzt: Der Gesandte. Der Mann ging fort und wusch sich. Und als er zurückkam, konnte er sehen.
Die Nachbarn und andere, die ihn früher als Bettler gesehen hatten, sagten: Ist das nicht der Mann, der dasaß und bettelte? Einige sagten: Er ist es. Andere meinten: Nein, er sieht ihm nur ähnlich. Er selbst aber sagte: Ich bin es.
Da fragten sie ihn: Wie sind deine Augen geöffnet worden? Er antwortete: Der Mann, der Jesus heißt, machte einen Teig, bestrich damit meine Augen und sagte zu mir: Geh zum Schiloach, und wasch dich! Ich ging hin, wusch mich und konnte wieder sehen.
Sie fragten ihn: Wo ist er? Er sagte: Ich weiß es nicht. Da brachten sie den Mann, der blind gewesen war, zu den Pharisäern. Es war aber Sabbat an dem Tag, als Jesus den Teig gemacht und ihm die Augen geöffnet hatte. Auch die Pharisäer fragten ihn, wie er sehend geworden sei. Der Mann antwortete ihnen: Er legte mir einen Teig auf die Augen; dann wusch ich mich, und jetzt kann ich sehen.
Einige der Pharisäer meinten: Dieser Mensch kann nicht von Gott sein, weil er den Sabbat nicht hält. Andere aber sagten: Wie kann ein Sünder solche Zeichen tun? So entstand eine Spaltung unter ihnen. Da fragten sie den Blinden noch einmal: Was sagst du selbst über ihn? Er hat doch deine Augen geöffnet. Der Mann antwortete: Er ist ein Prophet.
Die Juden aber wollten nicht glauben, dass er blind gewesen und sehend geworden war. Daher riefen sie die Eltern des Geheilten und fragten sie: Ist das euer Sohn, von dem ihr behauptet, dass er blind geboren wurde? Wie kommt es, dass er jetzt sehen kann?
Seine Eltern antworteten: Wir wissen, dass er unser Sohn ist und dass er blind geboren wurde. Wie es kommt, dass er jetzt sehen kann, das wissen wir nicht. Und wer seine Augen geöffnet hat, das wissen wir auch nicht. Fragt doch ihn selbst, er ist alt genug und kann selbst für sich sprechen.
Das sagten seine Eltern, weil sie sich vor den Juden fürchteten; denn die Juden hatten schon beschlossen, jeden, der ihn als den Messias bekenne, aus der Synagoge auszustoßen. Deswegen sagten seine Eltern: Er ist alt genug, fragt doch ihn selbst. Da riefen die Pharisäer den Mann, der blind gewesen war, zum zweiten Mal und sagten zu ihm: Gib Gott die Ehre! Wir wissen, dass dieser Mensch ein Sünder ist.
Er antwortete: Ob er ein Sünder ist, weiß ich nicht. Nur das eine weiß ich, dass ich blind war und jetzt sehen kann. Sie fragten ihn: Was hat er mit dir gemacht? Wie hat er deine Augen geöffnet? Er antwortete ihnen: Ich habe es euch bereits gesagt, aber ihr habt nicht gehört. Warum wollt ihr es noch einmal hören? Wollt auch ihr seine Jünger werden?
Da beschimpften sie ihn: Du bist ein Jünger dieses Menschen; wir aber sind Jünger des Mose. Wir wissen, dass zu Mose Gott gesprochen hat; aber von dem da wissen wir nicht, woher er kommt.
Der Mann antwortete ihnen: Darin liegt ja das Erstaunliche, dass ihr nicht wisst, woher er kommt; dabei hat er doch meine Augen geöffnet. Wir wissen, dass Gott einen Sünder nicht erhört; wer aber Gott fürchtet und seinen Willen tut, den erhört er. Noch nie hat man gehört, dass jemand die Augen eines Blindgeborenen geöffnet hat. Wenn dieser Mensch nicht von Gott wäre, dann hätte er gewiss nichts ausrichten können.
Sie entgegneten ihm: Du bist ganz und gar in Sünden geboren, und du willst uns belehren? Und sie stießen ihn hinaus. Jesus hörte, dass sie ihn hinausgestoßen hatten, und als er ihn traf, sagte er zu ihm: Glaubst du an den Menschensohn?
Der Mann antwortete: Wer ist das, Herr? Sag es mir, damit ich an ihn glaube. Jesus sagte zu ihm: Du siehst ihn vor dir; er, der mit dir redet, ist es. Er aber sagte: Ich glaube, Herr! Und er warf sich vor ihm nieder. Da sprach Jesus: Um zu richten, bin ich in diese Welt gekommen: damit die Blinden sehend und die Sehenden blind werden.
Einige Pharisäer, die bei ihm waren, hörten dies. Und sie fragten ihn: Sind etwa auch wir blind? Jesus antwortete ihnen: Wenn ihr blind wärt, hättet ihr keine Sünde. Jetzt aber sagt ihr: Wir sehen. Darum bleibt eure Sünde.