Großeinsatz könnte Polizeibegleitung unmöglich machen

Gefährdet der Klimagipfel Bonner Martinszüge?

Veröffentlicht am 15.08.2017 um 14:20 Uhr – Lesedauer: 
Brauchtum

Bonn ‐ Im November wird in Bonn die UN-Klimakonferenz stattfinden. Weil die Polizei den Gipfel absichern muss, kann sie womöglich keine Martinszüge begleiten. Die könnten dann ausfallen - und das sorgt für Empörung.

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Ein Großeinsatz der Polizei zur UN-Klimakonferenz Anfang November könnte die diesjährigen Martinszüge in Bonn gefährden. Weil die Polizisten zur Sicherung des Gipfels benötigt würden, erschwere das eine Begleitung der Martinszüge oder mache sie sogar unmöglich, berichtete der Bonner General-Anzeiger (GA) in seiner Dienstagsausgabe. Wie viele Polizeikräfte noch für den im Rheinland fest verankerten Brauch zur Verfügung stünden, könne die Bonner Polizei erst im Oktober mit Sicherheit sagen.

Die Polizisten sichern bei den Umzügen, auf dem häufig ganze Schulklassen mit ihren Laternen mitlaufen, den Verkehr ab, etwa, indem sie Straßen für Autos sperren. Nun überlegen die Veranstalter von Martinszügen in Bonn, ob und wer die Ordner stellen kann, damit die Umzüge dennoch stattfinden können. Auch das katholische Stadtdekanat Bonn kündigte auf Facebook an, eine Lösung finden zu wollen. "Denn Martin steht wie kaum ein zweiter Heiliger für Teilen, Teilhabe und die Solidarität mit den Armen und Bedürftigen...", so das Stadtdekanat. Das seien Anliegen, die sicher auch den Teilnehmern der Weltklimakonferenz etwas bedeuteten.

In einer Pressemitteilung bat der Bonner Stadtdechant Wilfried Schumacher alle Beteiligten um Besonnenheit. Er habe den Bonner Oberbürgermeister Ashok Alexander Sridharan angefragt, um einen Runden Tisch ins Leben zu rufen. Er hoffe, gemeinsam, so gut es gehe, allen Anforderungen gerecht werden zu können - "ganz im Sinne des heiligen Martin". Die Martinszüge würden die Weltklimakonferenz durchaus bereichern, ist sich Schumacher sicher. "Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus vielen Nationen kennen das Brauchtum nicht und werden sich gewiss an den bunten Zügen und den Kindern mit ihren Fackeln erfreuen." Das könne für sie eine schöne Abwechslung im oft grauen Konferenzalltag sein.

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Auch Jochen Flasbarth, Staatssekretär im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit, meldete sich in der Diskussion zu Wort. Bund, Land und Stadt seien mit den Sicherheitskräften im engen Austausch, um ein Sicherheitskonzept für die Konferenz zu erstellen. "Dabei wird gewährleistet, dass die Martinsumzüge in Bonn ohne Einschränkungen stattfinden können", teilte Flasbarth über die Internetseite der Stadt Bonn mit.

Frank Piontek, Sprecher der Bonner Polizei, versuchte ebenso zu beruhigen: Zunächst einmal sei das Ziel, möglichst viele Martinszüge stattfinden zu lassen – trotz der Problematik, dass für den Klimagipfel auf alle Polizeikräfte zurückgegriffen werden müsse. "Wir nehmen gerade Kontakt mit den Veranstaltern auf, um Lösungen zu finden", sagte er katholisch.de. Überlegt würde, ob beispielsweise einige Umzüge verschoben oder zusammengelegt werden können. "Viele, gerade kleinere Umzüge, gehen seit Jahren sowieso ohne Polizisten."

Wenig Verständnis für die Polizei

Die Veranstalter der Martinszüge reagierten laut GA unterschiedlich auf die Ankündigung: Während ein Organisator eines Vereins sicher ist, den Umzug auch ohne Polizisten durchführen zu können, wollte ein anderer die mögliche Absage der Polizei nicht hinnehmen. Es sei unverhältnismäßig, den Zug zu Lasten von Traditionen, Brauchtum und nicht zuletzt der Kinder absagen zu müssen. Auch unter Facebook-Nutzern wird die Frage rege diskutiert; die meisten Kommentatoren haben für die Ankündigung der Polizei kein Verständnis. Schließlich, so schreiben gleich mehrere, sei es doch auch bei anderen Großeinsätzen wie etwa Fußballspielen möglich, Polizisten aus Nachbarstädten und anderen Bundesländern hinzuzuziehen. Das ginge bei der Klimakonferenz nicht so einfach, entgegnete Polizeisprecher Piontek auf Nachfrage. "Die Polizisten brauchen Ortskenntnis bei ihrem Einsatz." (jhe)

15.08.2017, 15:20 Uhr: Ergänzt um die Stellungnahme des Bonner Stadtdechanten. /jhe

15.08.2017, 16:50 Uhr: Ergänzt um die Stellungnahme des Staatssekretärs. /jhe

17.08.2017, 13:57 Uhr: Nach dem Umweltministerium sagte am 16.8. auch die Polizei zu, dass die Sicherung der Martinsumzüge gesichert sei: "Die polizeiliche Begleitung der rund 200 Martinszüge während der Weltklimakonferenz in Bonn ist gewährleistet", so zitiert der Bonner Generalanzeiger die zuständige Polizeibehörde.

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