Gudrun Sailer über eine brodelnde Gerüchteküche

Wie die Vatikan-Angestellten über Franziskus denken

Veröffentlicht am 11.01.2018 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 
Standpunkt

Bonn ‐ Gudrun Sailer über eine brodelnde Gerüchteküche

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Der Papst hat einen Hang, sich zu wiederholen. Im Vatikan schalten einige Leute nach fast fünf Jahren Franziskus auf Durchzug und denken, fein, muss ich mir nicht schon wieder was Neues merken. Es stimmt, Franziskus variiert seine Lieblingsthemen oft. Aber seine Kommunikation ist eben nicht für den inneren Kreis gemacht, sondern es ist die Frohe Botschaft, übersetzt für alle, wo auch immer. Katholische Kommunikation schlechthin.

Dabei sollte niemand meinen, im Papststaat selbst falle das Wort des amtierenden Papstes nicht auch auf fruchtbaren Boden. Zum einen sind da die vielen der viereinhalbtausend Vatikan-Angestellten, die ihrem Dienstherrn Franziskus nicht bloß aus Loyalität folgen, sondern aus der Überzeugung heraus, dass hier der Papst am Werk ist, den die Welt heute braucht. Die weisesten von denen, die sich da nicht immer sicher sind, gestehen sich zumindest ein, dass ihre Einschätzung keine unanfechtbare und überzeitliche ist. Jedenfalls: nicht alle, aber die meisten Vatikan-Leute stehen hinter diesem Papst. Ich staune, wenn jemand, der hier nur durchsegelt, hinterher postet, im Vatikan sei nichts als giftiges Murren über den Papst zu hören. In welcher Blase haben wir denn da kurz mitgeblubbert? In der großen allgemeinen sicher nicht.

Die beständig wiederholten päpstlichen Herzensanliegen – Einsatz für Arme, Zärtlichkeit für die Schwachen und Wehrlosen, Ausschwärmen zum Rand - machen auch im eigenen Staat Schule. Das wird erkennbar nicht nur in neuen Schwerpunkten der päpstlichen Behörden und Akademien und in den großen Abläufen wie dem Heiligen Jahr der Barmherzigkeit und die Synoden, sondern auch in handfesten Kleinigkeiten.

Am deutschen Friedhof im Vatikan wird heute mit Requiem ein obdachloser Mann beigesetzt, der jüngst in Rom verstarb. Es ist der zweite solche Fall in drei Jahren. Der Camposanto Teutonico zwei Schritte vom Petersdom ist eine äußerst exklusive Grablege, eigentlich nur für alteingesessene und natürlich katholische Wahlrömer deutscher oder flämischer Muttersprache. Damit die beiden obdachlosen Flamen im Vatikan die letzte Ruhe finden konnten, hat der deutsche Friedhof sie kurzerhand als Pilger auf einer eben besonders langen Pilgerreise deklariert. Für Pilger, die in Rom versterben, nämlich ist ein kleines Eckchen des Gottesackers reserviert. Das war eine durchaus kreative Geste, die den Geist von Franziskus atmet. 

Von Gudrun Sailer

Die Autorin

Gudrun Sailer ist Redakteurin bei "Vatikan News".

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt nicht unbedingt die Meinung der Redaktion von katholisch.de wider.