Serie: Die Propheten im Alten Testament

Hosea: Der Prophet mit der unzüchtigen Frau

Veröffentlicht am 06.07.2018 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 
Bibel

Bonn ‐ Die Propheten gehören zu den prägenden Gestalten der Bibel. Sie sind unbequeme Mahner und strenge Bußprediger. In einer neuen Serie stellt katholisch.de die Propheten des Alten Testaments und ihre Geschichte vor. Den Anfang macht Hosea.

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Wer ist dieser Prophet, zu dem Gott sprach: "Geh, nimm dir eine unzüchtige Frau und Kinder der Unzucht." (Hosea 1,2)? Dies sind die ersten überlieferten Worte Gottes an Hosea. Sein Name hat eine heilvolle Bedeutung: "Er (= Gott) hat geholfen". Doch für seine Kritik am Volk und besonders der religiösen sowie politischen Eliten wurde er scharf angegriffen. Für seine Gerichtsbotschaft wurde er als verrückter Schwätzer verhöhnt. Doch er verkündete mehr als nur den Gott der Rache. Er ließ die Alternative "Gott der Rache" oder "Gott der Liebe" hinter sich und in dem nach ihm benannten Buch spiegelt sich das Drama der unvergänglichen Liebe Gottes zu seinem untreuen Volk wieder.

Turbulente Jahre im Nordreich

Über Hosea ist außerhalb seines Buches nichts bekannt – und auch im Buch erfährt man nur wenig über ihn. Er stammte aus dem Nordreich, das sich nach biblischer Überlieferung am Ende der Herrschaftszeit König Salomos vom davidischen Königtum losgesagt hatte. Aufgrund der Überschrift und einzelnen Hinweisen im Buch kann man davon ausgehen, dass er wahrscheinlich 750-722 v. Chr. im Nordreich gewirkt hat, das turbulente Jahre durchlitt. Innerhalb von 20 Jahren ereigneten sich vier Königsmorde, bevor es vom assyrischen Großreich erobert wurde und aufhörte zu existieren. Auch in theologischer Hinsicht war das 8. Jahrhundert vor Christus turbulent. Im Buch Hosea spiegelt sich die Entwicklung hin zum exklusiven Glauben an den einen Gott JHWH wieder. Der Prophet kämpfte gegen den Glauben an andere Götter und die damit verbundenen Kultpraktiken, die er als Unzucht und Treuelosigkeit gegenüber dem einen Gott Israels brandmarkte. Nachdem Untergang des Nordreiches wird eine erste Sammlung von Hoseas Prophetenworten nach Jerusalem gelangt sein, die dort vielleicht von einem Jüngerkreis zum heute in der Bibel vorliegendem Buch ausgestaltet wurden. Seine Theologie wurde prägend für das Buch Jeremia, das zum Teil als Fortschreibung der Prophetie Hoseas gelesen werden kann, und auch das Buch Deuteronomium ist von ihr inspiriert.

Linktipp: Die Bücher der Bibel

Die Bibel gliedert sich in das Alte und das Neue Testament. Die folgende Auflistung zeigt den Aufbau nach katholischer Lehre.

Das Buch Hosea ist ein Musterbeispiel für die prophetische Theologie und in ihm spiegelt sich eine theologische Grundwahrheit des gesamten Alten Testaments wieder: Gott hat Israel dauerhaft als sein Volk erwählt. Zwar hat Israel sich immer wieder in der Geschichte von seinem Gott abgewendet, das heißt gesündigt, und Gott hat es dafür immer wieder bestraft. Aber die Liebe Gottes ist größer als sein Zorn und Israel bleibt trotz der Sünden sein Volk, um das er sich liebevoll kümmert. Auf diesem Hintergrund sind die Zeichenhandlungen zu verstehen, die Gott am Anfang des Buches von Hosea verlangt. Die unzüchtige Frau und die Kinder der Unzucht, die er zu sich nehmen soll, repräsentieren den Abfall Israels von seinem Gott. Hosea erklärt das Verhältnis Gottes zu Israel im Bild einer Ehe und stellt den Götzendienst als Ehebruch dar: "Ja, ihre Mutter hat Unzucht getrieben; die mit ihnen schwanger war, hat Schändliches getan. Denn sie hat gesagt: Ich will meinen Liebhabern hinterhergehen. Sie geben mir Brot und Wasser, Wolle und Leinen, Öl und Getränke." (Hosea 2,7). In diesen Worten wird der Glaube an den kanaanäischen Fruchtbarkeitsgott verurteilt und es folgt das strafende Urteil über Israel, das jedoch nicht das letzte Wort bleibt.

Der Betrogene wirbt weiterhin um die Liebe und Treue seiner Ehefrau: "Darum will ich selbst sie verlocken. Ich werde sie in die Wüste gehen lassen und ihr zu Herzen reden." (Hosea 2,16). Das Bild Gottes als hintergangener Ehemann und enttäuschter Familienvater wird in den ersten drei Kapiteln des Buches Hosea entfaltet, die die Einleitung in das Buch darstellen. In den nächsten Kapiteln folgt eine Zusammenstellung von Einzelworten des Propheten, die in Form eines Rechtsstreites von Gott gegen sein Volk vorgebracht werden (Hosea 4-11): "Hört das Wort des HERRN, ihr Söhne Israels! Denn der HERR verklagt die Bewohner des Landes: Es gibt keine Treue und keine Liebe und keine Gotteserkenntnis im Land." (Hosea 4,1).

„Ich aber, ich bin der HERR, dein Gott, vom Lande Ägypten her; einen Gott außer mir sollst du nicht kennen. Es gibt keinen anderen Retter als mich.“

—  Zitat: Hosea 13,4

Diese Anklage gegen zu verurteilendes ethisches und kultisches Handeln richtet sich im Besonderen gegen die Priesterschaft und die Regierenden zur Zeit Hoseas. Sie sind keine Führer des Volkes, sondern Verführer. Doch das Urteil fällt gnädig aus. Gott besinnt sich auf seine Geschichte mit seinem Volk: "Als Israel jung war, gewann ich ihn lieb, ich rief meinen Sohn aus Ägypten. Je mehr man sie rief, desto mehr liefen sie vor dem Rufen weg." (Hosea 11,1). Er hat Israel aus Liebe aus der Sklaverei in Ägypten befreit und als sein Volk auserwählt, das in seiner Gunst steht: "Denn ich bin Gott, nicht ein Mensch, der Heilige in deiner Mitte. Darum komme ich nicht in der Hitze des Zorns." (Hosea 11,9). Die väterliche Liebe Gottes wird sodann im Besonderen im letzten Teil des Buches mit der Sündengeschichte Israels kontrastiert (Hosea 12-14). Am Ende des Buches wird aber auch deutlich, dass die gerechte Bestrafung zur grenzenlosen Liebe Gottes gehört: "Ja, die Wege des HERRN sind gerade, die Gerechten gehen auf ihnen, die Treulosen aber kommen auf ihnen zu Fall." (Hosea 14,10).

Immer wieder wird im Buch Hosea an die Heilstaten Gottes erinnert und der Leser wird immer wieder auf die Geschichte Gottes mit seinem Volk verwiesen. Durch die Befreiung aus Ägypten hat sich Gott freiwillig an Israel gebunden und Israel ist eine exklusive Beziehung zum befreienden Gott eingegangen. Hosea fordert daher besonders die Einhaltung des ersten der Zehn Gebote: "Ich aber, ich bin der HERR, dein Gott, vom Lande Ägypten her; einen Gott außer mir sollst du nicht kennen. Es gibt keinen anderen Retter als mich." (Hosea 13,4). Gott ist es, der Israel durch die Wüste in das verheißene Land geführt hat. Auch die Schattenseiten dieser Geschichte werden ins Gedächtnis geworfen. Es wird daran erinnert, dass Israel den Bund, den Gott mit dem Volk am Sinai geschlossen hat, gebrochen hat und sich als Götzen ein goldenes Kalb schuf. Für die Zukunft wird ein wiedervereintes Israel verkündet, das unter der Herrschaft eines Nachfahrens des Königs David wieder im verheißenen Land wohnen wird.

Israels Hurerei

Im Buch Hosea wird der Leser und die Leserin sozusagen nebenbei mit einem Schnelldurchgang durch die Geschichte Israels konfrontiert, der verdeutlicht: Israel verhält sich nicht entsprechend der Liebe, die Gott seinem Volk durch die Geschichte hindurch erwiesen hat. Das prägende Bild des Buches Hosea ist dabei nicht die Darstellung Gottes als liebender Ehemann und Vater, sondern die Hurerei Israels. Das kultische und ethische, verwerfliche Handeln Israels wird im Buch Hosea beklagt. Die Liebe Gottes wird in ihrer personalen und geschichtlichen Komplexität entfaltet, um dem damaligen und dem heutigen Leser zu verdeutlichen, dass Gott alleine der Lebensbaum ist, an dem reiche Frucht zu finden ist (Hosea 14,9).

Von Till Magnus Steiner