Wir sind Heilige in Ausbildung

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Impuls von Schwester Charis Doepgen
Auch Jesus entgeht als Lehrer der Enttäuschung nicht, dass er Schüler vor sich hat, die nichts kapierten, vielleicht gar nicht richtig zuhörten, weil sie andere Themen im Kopf hatten. Dabei geht er methodisch doch eigentlich klug vor, denn er wählt für den anstehenden schwierigen Lehrstoff "Tod und Auferstehung" die lockere Form des Unterwegssein - also keinen Frontalunterricht, sondern ein gemeinsames Voranschreiten.
In den Köpfen kommt das aber nicht an. Markus schreibt lapidar, "sie verstanden ihn nicht". Wollten sie ihn überhaupt verstehen? Dann wäre ja nachfragen angezeigt gewesen. Aber nein, sie scheuten sich. Offenbar wollen sie sich das Thema vom Leib halten - was durchaus verständlich ist. Dennoch scheint die Betroffenheit nicht sehr tief gewesen zu sein, denn sie hatten sich - völlig konträr - gleich mit einem beliebten Klein-Buben-Thema abgelenkt: Wer ist unter uns der Größte? Mit solchen Fragen, wer wohl der Größte, Stärkste, Schönste ist, kann man sich prächtig unterhalten. Wir kennen das. Die Regenbogenpresse lebt davon. Peinlich wird es natürlich ganz besonders, wenn es da um geistliche Größe gehen soll. - Bei der Lernzielkontrolle in Kafarnaum herrscht dann auch betretenes Schweigen. Die Schüler hatten sich kindisch verhalten. Aber der Unterricht geht weiter.
Nachdem die erste Stunde ein Reinfall war, setzt Jesus als kluger Pädagoge nun beim Thema der Jünger an und wechselt die Methode. Sie sind zu Hause. Das Evangelium leitet feierlich ein: "Da setzte er sich und rief die Zwölf..." Nun also eine zweite Lehrstunde ex Kathedra. Am Anfang steht der Lehrsatz und dann folgt eine anschauliche Demonstration, mit der die Theorie ganz konkret wird. Orientierung am Kinde ist der springende Punkt - dazu hat auch Matthäus [18,3] einen markanten Satz Jesu überliefert! Wir sehen Jesus ganz in seinem Element, wenn er ein Kind in die Arme schließt und dabei - man möchte sagen, fast ein bisschen ins Schwärmen kommend - sich mit einem solchen Kind identifiziert.
Ob die Jünger jetzt verstehen, wenn sie vorgeführt bekommen, dass Jesus seine eigene Größe im Modell des Kindes sieht, was für sie gilt? Wir erfahren es heute im biblischen Text nicht. Aber wir wissen ja inzwischen, dass aus den Zwölfen, trotz nicht immer befriedigender Leistungen während ihrer "Ausbildung", schließlich tüchtige Männer für den Aufbau der Kirche geworden sind. - Da liegt auch die Hoffnung für uns, die wir auch immer wieder begriffsstutzig oder unbelehrbar in der "Schule des Herrn" (wie die Benediktregel das christliche Leben nennt) das Klassenziel nur mühsam erreichen. Der Status "Heilige in Ausbildung" mildert den Leistungsdruck ab und hält die Motivation hoch.
Evangelium nach Markus (Mk 9, 30-37)
In jener Zeit zogen Jesus und seine Jünger durch Galiläa. Jesus wollte aber nicht, dass jemand davon erfuhr; denn er wollte seine Jünger über etwas belehren. Er sagte zu ihnen: Der Menschensohn wird den Menschen ausgeliefert, und sie werden ihn töten; doch drei Tage nach seinem Tod wird er auferstehen.
Aber sie verstanden den Sinn seiner Worte nicht, scheuten sich jedoch, ihn zu fragen. Sie kamen nach Kafarnaum. Als er dann im Haus war, fragte er sie: Worüber habt ihr unterwegs gesprochen?
Sie schwiegen, denn sie hatten unterwegs miteinander darüber gesprochen, wer von ihnen der Größte sei. Da setzte er sich, rief die Zwölf und sagte zu ihnen: Wer der Erste sein will, soll der Letzte von allen und der Diener aller sein.
Und er stellte ein Kind in ihre Mitte, nahm es in seine Arme und sagte zu ihnen: Wer ein solches Kind um meinetwillen aufnimmt, der nimmt mich auf; wer aber mich aufnimmt, der nimmt nicht nur mich auf, sondern den, der mich gesandt hat.