5.000 Figuren: Von Adam und Eva bis Maria und Josef

In der Oberpfalz entsteht die größte Weihnachtskrippe der Welt

Veröffentlicht am 14.03.2020 um 14:50 Uhr – Lesedauer: 

Plößberg ‐ Für einige mag im Moment kaum etwas weiter entfernt sein als das nächste Weihnachtsfest. In bayerischen Ort Plößberg ist das ganz anders. Dort arbeiten sie schon jetzt fleißig daran, im Dezember einen ungewöhnlichen Rekord aufzustellen.

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Bis Weihnachten sind es noch über neun Monate, aber in Plößberg im Oberpfälzer Wald dreht sich schon wieder vieles um die Geburt Jesu. Bis zum nächsten Advent soll hier die weltgrößte Krippenanlage mit handgeschnitzten Figuren entstehen. Als rein ehrenamtliches Projekt. Wobei es den Machern eher weniger um den Rekord an sich geht. Wichtiger ist ihnen die Aufmerksamkeit für ein Brauchtum, das sich in ihrer Marktgemeinde im nordöstlichen Zipfel Bayerns seit fast 250 Jahren durchgehend erhalten hat.

Kultursaal wird Vorhof von antikem Theater

Hubert Haubner, von Beruf selbstständiger Schreinermeister, hat zwei Jahre lang an der Präsentation getüftelt und in seiner Freizeit ein Modell gebastelt. Nach diesen Plänen wird sich der Kultursaal in den Vorhof eines antiken Theaters verwandeln. Vorbei an Säulen werden die Besucher durch einen Torbogen schreiten. Dann gelangen sie über eine Rampe durch einen fast 3,5 Meter hohen Wurzelberg, wie er für die örtlichen Krippenbauer typisch ist, mitten hinein in die Szenerie, umgeben von rund 5.000 Figuren.

"Jedes Haus hat eine Krippe bei uns", erzählt Haubner. Die ältesten Figuren stammten aus dem Jahr 1780. Sie seien aus Lindenholz und kaum zehn Zentimeter groß. Ortsansässige Handwerker, die sonst Öfen für die Glasschmelze mauerten, hätten sich mit ihrer Herstellung früher im Winter ein Zubrot verdient. In manchen Familien seien einschließlich mitschnitzender Kinder bis zu 700 Figuren pro Saison entstanden und auch nach Übersee exportiert worden. Die Hauskrippen würden vererbt, an vielen habe jede Generation ihre eigenen Spuren hinterlassen.

„Es gibt nichts Schöneres, als wenn jede christliche Familie eine Krippe zuhause hat.“

—  Zitat: Hubert Haubner, Schreinermeister

Aus den privaten Beständen der Plößberger soll nun auch die Rekordkrippe bestückt werden. Die Figuren werden nicht nur vom Geschehen im Stall von Bethlehem erzählen. Auf den Betrachter warten auch andere biblische Szenen, angefangen von Adam und Eva über die Bergpredigt bis zur Hochzeit zu Kana, dazu das volkstümliche Leben der nördlichen Oberpfalz mit Hausschlachtungen, Blasmusik und Zoigl-Bier. Rund 300 Raummeter wird die gigantische Inszenierung laut Haubner ausfüllen.

Der Schreiner kalkuliert, dass die gesamte Anlage etwa 100.000 Euro kostet. Das Geld soll ausschließlich durch Spenden und Tickets hereinkommen. Das Holz für die Kulissen wird von zwei örtlichen Sägewerken gesponsert. Ansonsten sind ab Juni jede Menge fleißige Hände gefragt. Zum engeren Team zählen zwölf Handwerker. In den Saal können sie aber erst im Oktober. Vier Wochen Kulissen bauen, dann noch einmal vier Wochen für die Platzierung der Figuren, das muss reichen. So manche Nachtschicht werden sie wohl einlegen müssen.

Der Chefplaner setzt auf den Zusammenhalt der Plößberger. Es werde "keine Familie geben, die abseits steht", ist er überzeugt. Konfessionsunterschiede spielen bei der Brauchtumspflege offenbar keine Rolle. "Die Evangelischen haben die gleichen Figuren", sagt Haubner. Am ersten Adventswochenende (28./29. November) soll die Präsentation eröffnen. Bis 10. Januar 2021 kann dann die Rekordkrippe gegen ein kleines Eintrittsgeld besichtigt werden, dazu kommen 34 große Hauskrippen. Die Organisatoren rechnen mit 20.000 Besuchern.

Keinen Antrag auf das Guinness-Buch

Einen förmlichen Antrag auf Verzeichnung ihres Weltrekords im Guinness-Buch wollen die Plößberger Krippenfreunde nicht stellen. "Das kostet nur unnötig Geld", sagt Haubner. Sie wollen einfach für ihre Tradition werben, bei ihren eigenen Leuten: "dass unser Brauchtum was ganz Besonderes ist", und bei den Besuchern: "dass es nichts Schöneres gibt, als wenn jede christliche Familie eine Krippe zuhause hat".

Große Krippenausstellungen pflegen die Plößberger schon seit 1970 alle fünf Jahre. In der Zeit dazwischen besuchen sie einander vor und nach Weihnachten zum "Krippenschaun". Und philosophieren bei einem Schnäpschen über neue Gestaltungsideen.

Von Christoph Renzikowski (KNA)

Linktipp: Bistum Regensburg geht mit neuer Webseite zur Welt der Krippe online

Papst Franziskus hat zum Beginn des Advents alle Gläubigen aufgefordert, den Brauch der Weihnachtskrippe zu pflegen oder neu zu entdecken. Das Bistum Regensburg leistet dazu jetzt seinen Anteil – mit einer brandneuen Webseite zur Welt der Krippe.