Papst Franziskus passt Strafgesetzbuch an internationale Standards an

Jetzt wird's Recht

Veröffentlicht am 11.07.2013 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 
Vatikan

Vatikanstadt ‐ Papst Franziskus stärkt das Strafrecht des Vatikans bei Kindesmissbrauch. Er passt gleichzeitig das zivile Strafgesetzbuch an internationale Standards gegen Geldwäsche und Korruption an. Der Papst gab am Donnerstag im Vatikan ein Apostolisches Schreiben (Motu proprio) heraus, das zusammen mit drei Gesetzen die neuen Normen dafür einführt.

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Wie der Vatikan mitteilte, sind etwa sexuelle Gewalt gegen Kinder sowie Produktion und Besitz von Kinderpornografie künftig eigene Straftatbestände. Als Reaktion auf die "Vatileaks"-Affäre ist auch die Verbreitung vertraulicher Dokumente als Delikt in das Gesetzeswerk eingefügt worden. Mit dem ergänzenden Motu proprio des Papstes würden die Gesetze nicht nur auf dem Territorium des Vatikanstaates in Kraft treten, sondern erstreckten sich auf den gesamten Bereich des Heiligen Stuhls , sagte der Vorsitzende des vatikanischen Gerichtshofes, Giuseppe Dalla Torre.

Keine lebenslange Haftstrafe im Vatikan mehr

Bei den sexuellen Verbrechen gegen Minderjährige gelten künftig Personen unter 18 Jahren als minderjährig, "ohne Ausnahmen", so Della Torre bei der Vorstellung der Gesetze. Namentlich genannt seien die Delikte "Verkauf, Prostitution, Anwerbung und sexuelle Gewalt gegenüber Kindern; die Pädopornographie, der Besitz von pädopornographischem Material und sexuelle Akte mit Kindern."

Bild: ©dpa/picture alliance/GABRIEL BOUYS

Die Zentrale der Vatikanbank IOR in unmittelbarer Nähe zum Apostolischen Palast.

Zudem schafft der Vatikanstaat die lebenslange Haftstrafe ab. Das höchste Strafmaß beträgt künftig 30 bis 35 Jahre Gefängnis. Die Reform sei notwendig geworden, weil der Vatikan in den vergangenen Jahren zahlreichen internationalen Abkommen beigetreten sei, sagte Dalla Torre.

Die neuen Straftatbestände seien zwar auch bislang schon vom vatikanischen Strafrecht erfasst, erläuterte der Richter. Ihre ausdrückliche Nennung erleichtere jedoch die Strafverfolgung. Für Geldwäsche und Korruption können künftig wie in vielen anderen Ländern auch juristische Personen haftbar gemacht werden, so der italienische Rechtslehrer. Dies gelte für alle vatikanischen Einrichtungen. So könnte zum Beispiel die Vatikanbank IOR haftbar gemacht werden, erläuterte Dalla Torre.

Lombardi kündigt weitere Gesetze an

Einige Ergänzungen sind demnach auch eine Folge jenes Gutachtens, das die Anti-Geldwäsche-Experten des Europaratskomitees "Moneyval" im Sommer 2012 veröffentlicht hatten. Vatikansprecher Federico Lombardi kündigte an, dass weitere Gesetze zur wirksameren Bekämpfung von Geldwäsche vorbereitet würden.

Das überarbeitete Strafrecht soll am 1. September in Kraft treten. Die Gesetze sind auf der Homepage der Staatsverwaltung der Vatikanstadt einsehbar. Weitere Gesetze, die vor allem verwaltungstechnischer Natur sind, werden nach der Sommerpause erwartet, wie Radio Vatikan berichtet. (luk/dpa/KNA/Radio Vatikan)

Vatikanisches Strafrecht

Das geltende vatikanische Strafrecht entspricht bis heute im Wesentlichen dem alten italienischen Strafrecht von 1889, dem sogenannten Codice Zanardelli. Dieses stark von den liberalen Vorstellungen des 19. Jahrhunderts geprägte Gesetzeswerk hatte der Vatikanstaat bei seiner Gründung 1929 übernommen. (KNA)