"Gewaltiges grundlegendes theologisches Problem"

Theologin: Christliche Antworten auf Corona sind nicht plausibel

Veröffentlicht am 09.07.2020 um 17:52 Uhr – Lesedauer: 

Oberursel ‐ Religiöse Bewältigungsstrategien reichen aus Sicht der Pastoraltheologin Christiane Bundschuh-Schramm nicht mehr aus, um die aktuelle Krise auszuhalten. Der christliche Glaube gebe Antworten, die den allermeisten nicht mehr plausibel erschienen.

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Nach Ansicht der katholischen Theologin Christiane Bundschuh-Schramm hilft der christliche Glaube kaum zur Bewältigung der Corona-Krise. Sie schreibt in einem Beitrag für die Zeitschrift "Publik-Forum": "Meine These lautet, dass die religiösen Bewältigungsstrategien, die der christliche Glaube aktuell zur Verfügung stellt, nicht mehr ausreichen, um die Krise persönlich auszuhalten oder systemisch zu bewältigen." Das liege daran, dass der Glaube "theologische Antworten gibt, die keine mehr sind oder zumindest den allermeisten nicht mehr plausibel erscheinen". Sie sprach von einem "gewaltigen grundlegenden theologischen Problem".

Es sei beispielsweise "nicht glaubwürdig zu behaupten, dass im Himmel der Kampf gegen das Virus bereits gewonnen" sei. "Die Glaubenshoffnung auf Auferstehung, individuell oder kollektiv, kann Wahrheit enthalten, aber nicht in einem wörtlich verstandenen Sinn. Es handelt sich um Mythologie", meint die Pastoraltheologin. Genau dies werde "nicht ehrlich eingestanden, sondern verschleiert", so Bundschuh-Schramm, die im Bischöflichen Ordinariat der Diözese Rottenburg-Stuttgart arbeitet.

Bei Corona-Krise kein Ende in Sicht

Auch die "Lösung" mit einer geschichtlichen Entwicklung, wonach sich die Welt immer mehr dem transzendenten Reich Gottes annähert, sei "von der Corona-Krise wie schon zuvor von der Klimakrise widerlegt". Es sei eine schöne Glaubensaussage, dass das Reich Gottes beständig wachse. "Doch wir müssen uns wohl oder übel eingestehen, dass es für eine positive Entwicklung vom wachsenden Reich Gottes zu einer sich erfüllenden endgültigen Gottesherrschaft keinerlei Indizien gibt", so die Theologin.

Bei der Corona-Krise sei kein Ende in Sicht. Die Klimakrise sei genauso wirklich, nur könne sie "in unseren Breiten gerade noch übersehen werden, allerdings nicht mehr lange". Bundschuh-Schramm: "Die Zeit, die nach christlichem Verständnis immer mehr zur Heilszeit werden soll, läuft davon." (KNA)