Wie wir Gottes Gerechtigkeit im Kleinen üben können

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Impuls von Schwester Jordana Schmidt
Wie oft habe ich es gehört: "Die Letzten werden die Ersten sein". Da war ich zum Beispiel eine langsame Läuferin als Kind und wurde von allen überholt: "Jordana – die Letzten werden die Ersten sein!" Einmal kam der Satz, als ich mich beim Verteilen von Süßigkeiten schnell ganz nach vorne gestellt hatte.
In der einen Rolle sollte er ermutigen, in der anderen war es eine Zurechtweisung. Und ich höre ihn immer noch, diesen Satz – auch als Erwachsene. Ich habe mich auch schon dabei ertappt, ihn in ganz ähnlichen Situationen selbst zu gebrauchen.
Wichtig finde ich, ihn im Zusammenhang mit dem ganzen Text von Matthäus zu sehen. Er macht ja eine besondere Eigenschaft Gottes deutlich: Gott geht es nicht um Leistung! Du musst nicht besonders viel, nichts besonders lange machen, dass du von Gott Anerkennung bekommst.
Nicht danach wirst du entlohnt. Denn manchmal kannst du nichts dafür, dass du nicht bei den Ersten dabei bist. Diese Haltung eines Arbeitgebers ist in der heutigen Leistungsgesellschaft nicht mehr zu finden. Da gilt: Wer "vorne" steht, bekommt viel ab. Die anderen haben Pech gehabt.
Da leisten die Menschen am Krankenbett, in der Altenpflege, in der Pädagogik, in der Abfallentsorgung (die Liste lässt sich fortsetzen) unglaublich viel, stehen früh auf, arbeiten lange und hart und bekommen nur einen Bruchteil dessen, was zum Beispiel ein Aufsichtsratsvorsitzender oder Manager bekommt.
Das ist nicht Gottes Gerechtigkeit und es wäre doch schön, wenn es auch nicht unser Denken wäre. Wir können diese Art von Gerechtigkeit im Kleinen üben, denn die wenigsten von uns sind Arbeitgeber und bestimmen einen Lohn.
Für mich heißt das zum Beispiel: einem Kind den Lolli zu geben, auch wenn es ihn gerade nicht "verdient" hat, faire Preise zu bezahlen für die Arbeit derer, die ausgebeutet werden … Sie haben sicher auch Ideen dazu. Gerechtigkeit ist eben keine Gleichheit.
Zufriedenheit mit dem, was ich habe und bekomme, hilft mir, nicht wie die Arbeiter der ersten Stunde zu reagieren. Wenn ich mit dem auskomme, was ich habe, dann ist es doch gut – oder? Das ist hohe Kunst und ein gutes Ideal, danach zu streben. Was brauche ich wirklich zum Leben und zu meinem Glück?
Die letzten Arbeiter waren bestimmt glücklich, dass sie dazugehören durften, dass sie genommen wurden. Alles andere war Zugabe und sie waren mit Sicherheit sehr dankbar dafür. Die ersten Arbeiter haben ihre Zufriedenheit oder eben Unzufriedenheit allein an der Geldmenge und im Vergleich gefunden – das macht nie glücklich. Das ist mal sicher.
Evangelium nach Mathäus (Mt 20,1–16)
In jener Zeit erzählte Jesus seinen Jüngern das folgende Gleichnis: Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem Gutsbesitzer, der früh am Morgen hinausging, um Arbeiter für seinen Weinberg anzuwerben. Er einigte sich mit den Arbeitern auf einen Denar für den Tag und schickte sie in seinen Weinberg.
Um die dritte Stunde ging er wieder hinaus und sah andere auf dem Markt stehen, die keine Arbeit hatten. Er sagte zu ihnen: Geht auch ihr in meinen Weinberg! Ich werde euch geben, was recht ist. Und sie gingen. Um die sechste und um die neunte Stunde ging der Gutsherr wieder hinaus und machte es ebenso.
Als er um die elfte Stunde noch einmal hinausging, traf er wieder einige, die dort standen. Er sagte zu ihnen: Was steht ihr hier den ganzen Tag untätig? Sie antworteten: Niemand hat uns angeworben. Da sagte er zu ihnen: Geht auch ihr in meinen Weinberg!
Als es nun Abend geworden war, sagte der Besitzer des Weinbergs zu seinem Verwalter: Ruf die Arbeiter und zahl ihnen den Lohn aus, angefangen bei den Letzten, bis hin zu den Ersten! Da kamen die Männer, die er um die elfte Stunde angeworben hatte, und jeder erhielt einen Denar.
Als dann die Ersten kamen, glaubten sie, mehr zu bekommen. Aber auch sie erhielten einen Denar. Als sie ihn erhielten, murrten sie über den Gutsherrn und sagten: Diese Letzten haben nur eine Stunde gearbeitet und du hast sie uns gleichgestellt. Wir aber haben die Last des Tages und die Hitze ertragen.
Da erwiderte er einem von ihnen: Freund, dir geschieht kein Unrecht. Hast du nicht einen Denar mit mir vereinbart? Nimm dein Geld und geh! Ich will dem Letzten ebenso viel geben wie dir. Darf ich mit dem, was mir gehört, nicht tun, was ich will? Oder ist dein Auge böse, weil ich gut bin? So werden die Letzten Erste sein und die Ersten Letzte.