Brücke zwischen "Maria 2.0" und "Maria 1.0"

Theologe: Marienbild des Koran kann Frauen in Kirche versöhnen

Veröffentlicht am 26.02.2021 um 13:42 Uhr – Lesedauer: 

Oberursel ‐ "Maria 2.0" und "Maria 1.0": Reformorientierte wie konservative Frauen in der Kirche berufen sich auf die Gottesmutter. Vermitteln zwischen beiden könne das Marienbild des Koran, betont der Theologe Klaus von Stosch.

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Nach Ansicht des Paderborner Theologen Klaus von Stosch kann ein Blick auf das Marienbild des Koran eine Brücke zwischen reformorientierten und konservativen Frauen in der Kirche schlagen. Einerseits werde Maria im Koran als eine Frau dargestellt, die nie einen Mann brauche, sondern alles aus ihrer Beziehung zu Gott schaffe, andererseits sei die biologische Jungfräulichkeit Mariens "wie vieles andere, was die traditionelle Marienfrömmigkeit ausmacht", wichtig, sagte von Stosch in einem Interview in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift "Publik-Forum". "Insofern ist die koranische Maria eine Ermutigung für Maria 2.0. Aber ohne Maria 1.0 aufzugeben", so von Stosch, der sich gemeinsam mit der islamischen Theologin Muna Tatari äußerte. Anlass ist ein neues Buch der beiden Wissenschaftler, das die Rolle Marias im Koran untersucht.

Demnach wird Maria im Koran nicht als eine besonders fromme Frau gezeigt. Dennoch sei sie "ein inspirierendes Vorbild für alle Geschlechter", unterstreicht Tatari. Maria vereine beide Ideale: Sie habe sowohl eine fromme Innerlichkeit mit ihrer beeindruckenden Beziehung zu Gott, gleichzeitig aber auch gesellschaftliche Relevanz, "weil sie im Tempel mit den Männern betet, ein Wort von Gott empfängt und es ihren Leuten bringt", erläutert sie islamische Theologen. Zudem zeige der Koran eine Maria, die "Stereotype von Weiblichkeit durchbricht und mit Merkmalen charakterisiert wird, die im Mainstreamdenken Männern zugeschrieben werden". So sei sie "nicht nur eine fromme Dienerin", sondern habe "gesellschaftsrevolutionierendes Potenzial".

Koran-Maria kann man "in keinen Kasten sperren"

Laut Klaus von Stosch kann man die koranische Maria "in keinen Kasten sperren". Sie habe "unterschiedliche Identitäten" Im katholischen Marienbild sei sie Jungfrau und Mutter. "Wenn man das zu Ende denkt, wird es auch queer", sagt der Theologieprofessor.

Maria, arabisch "Maryam", gehört nach islamischer Auffassung als jungfräuliche Mutter Jesu, der als letzter Prophet vor Mohammed gilt, zu den von Gott auserwählten Menschen. Neben Khadija, der ersten Frau Mohammeds, und Fatima, seiner Tochter, gilt Maria als eine der "besten Frauen" und somit als Vorbild für alle muslimischen Frauen.

Die Protestbewegung "Maria 2.0" ist 2019 in Münster entstanden und fordert unter anderem eine geschlechtergerechte Kirche. Als Reaktion darauf wurde die Vereinigung "Maria 1.0" ins Leben gerufen. Diese will aufzeigen, "dass es auch Frauen gibt, die treu zur Lehre der Kirche halten". (mal)