In einem Brief an den Vorsitzenden der Bischofskonferenz

Elf Generalvikare fordern Änderung des kirchlichen Arbeitsrechts

Veröffentlicht am 14.02.2022 um 15:05 Uhr – Lesedauer: 

Bonn/Trier ‐ In einem Brief an den Vorsitzenden der Bischofskonferenz sprechen sich elf deutsche Generalvikare für eine Änderung des kirchlichen Arbeitsrechts aus. Künftig, so ihr Vorschlag, solle in der Grundordnung auf alle Bezüge auf die persönliche Lebensführung verzichtet werden.

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Eine Gruppe von Generalvikaren hat die Deutsche Bischofskonferenz dazu aufgerufen, kurzfristig eine Änderung des kirchlichen Arbeitsrechts herbeizuführen und künftig in der Grundordnung auf alle Bezüge auf die persönliche Lebensführung zu verzichten. "Es muss sichergestellt werden, dass es keine arbeitsrechtlichen Sanktionen für das Eingehen einer zivilen gleichgeschlechtlichen Ehe oder einer zivilen Wiederheirat bei bestehender kirchenrechtlich gültig geschlossener Erstehe mehr gibt", heißt es in einem am Montag veröffentlichten Brief von elf Generalvikaren an den Vorsitzenden der Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing. Dies solle für alle Gruppen von kirchlichen Dienstnehmern gelten, auch für die pastoralen Mitarbeiter und diejenigen, die mit einer Missio canonica oder einer besonderen bischöflichen Beauftragung ihren kirchlichen Dienst verrichteten. Unterschrieben wurde das federführend vom Trierer Generalvikar Ulrich von Plettenberg verfasste Schreiben auch von den Generalvikaren der Erzbistümer und Bistümer Berlin, Essen, Hamburg, Hildesheim, Limburg, Magdeburg, Münster, Paderborn, Speyer und des Militärbischofsamts.

Anlass für den Brief waren laut den Generalvikaren die Initiative "#OutInChurch" und die jüngste Synodalversammlung des Synodalen Wegs. Bei "#OutInChurch" hatten Ende Januar mehr als 120 Mitarbeiter aus verschiedenen Bereichen der katholischen Kirche in Deutschland einen neuen Umgang der Kirche mit queeren Menschen und eine Änderung des kirchlichen Arbeitsrechts gefordert. Ein Leben entsprechend der eigenen sexuellen Orientierung und der geschlechtlichen Identität dürfe nicht mehr zu einer Kündigung führen, so die Protagonisten der Aktion. Die Synodalversammlung des Synodalen Wegs hatte Anfang Februar ähnliche Forderungen erhoben. In einem Handlungstext plädierte die Versammlung unter anderem dafür, zivile Eheschließungen von gleichgeschlechtlichen Paaren oder von Geschiedenen nicht mehr als Kündigungsgrund für kirchliche Angestellte anzusehen. Der persönliche Familienstand solle ohne Relevanz für eine Anstellung im kirchlichen Dienst sein.

Generalvikare von "#OutInChuch" beeindruckt

In ihrem Schreiben äußern die Generalvikare, dass die Initiative "#OutInChurch" sie sehr bewege: "Uns beeindruckt der Mut einer so großen Zahl von kirchlichen Mitarbeitenden, die aufgrund der geltenden Loyalitätsobliegenheiten in der Grundordnung für den kirchlichen Dienst ihre sexuelle Orientierung verbergen, ihre Beziehungen verheimlichen müssen und eine sogenannte Zivilehe nicht eingehen dürfen, um ihren Arbeitsplatz oder ihre kirchliche Lehrerlaubnis nicht zu gefährden." Ihre Lebenszeugnisse offenbarten teilweise erschreckende Schicksale, weil Menschen oft über Jahrzehnte hinweg kein freies und selbstbestimmtes Leben führen konnten. "Wir sind sowohl der Initiative #OutInChurch als auch dem Synodalen Weg dankbar, weil beide dazu beitragen, dass in unserer Kirche das Schweigen überwunden wird zu den unzähligen Leidensgeschichten, die die Grundordnung für den Kirchlichen Dienst seit Jahrzehnten hervorruft", so die Generalvikare weiter.

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Man unterstütze ausdrücklich die Initiativen der vergangenen Wochen und greife vor allem die Forderung nach einer Reform des kirchlichen Arbeitsrechts auf. Dieses dürfe kein Instrument sein, "um eine kirchliche Sexual- und Beziehungsmoral durchzusetzen, die derzeit ohnehin zur Diskussion steht und die komplexe Lebenswirklichkeit von Menschen außer Acht lässt", heißt es in dem Schreiben. Die kirchlichen Mitarbeitenden müssten die Kirche als einen "angstfreien Raum" erleben und brauchten eine vollständige Rechtssicherheit, dass ihre Lehrerlaubnis und ihr Arbeitsplatz nicht von ihrer sexuellen Orientierung und ihrem privaten Beziehungsstatus abhingen. Die Bischöfe sollten die laufenden Gespräche zur Revision der Grundordnung, die derzeit in der Bischofskonferenz und dem Verband der Diözesen Deutschlands (VDD) geführt würden, in ein transparentes Verfahren überleiten, das zeitnah zu einer Entscheidung führe.

Generalvikare wollen "belastenden und erniedrigenden Zustand" beenden

Man ermuntere die Bischofskonferenz, den eingeschlagenen Weg zur Neuformulierung der Grundordnung wie vorgesehen bis zum Sommer 2022 abzuschließen. Aus ihrer Sicht, so die Generalvikare, sei jetzt die Zeit, kurzfristig zu handeln und einen für viele Menschen "belastenden und erniedrigenden Zustand" zu beenden. Darum schlage man vor, ab sofort auf arbeitsrechtliche Sanktionen im Zusammenhang mit der persönlichen Lebensführung in den genannten Zusammenhängen zu verzichten. Man unterstütze ausdrückliche alle Reformbemühungen des Synodalen Wegs, die diesem Anliegen entsprächen.

Zugleich wisse man um die "Schwierigkeit" in der Bischofskonferenz, in vielen Fragen zu einvernehmlichen Entscheidungen zu kommen. "Deshalb empfehlen wir, dass alle Bischöfe, die zu einer solchen Änderung des Kirchlichen Arbeitsrechtes bereit sind, gemeinsam und mutig die nötigen Reformen für ihre Zuständigkeitsbereiche voranbringen", erklärten die Generalvikare. (stz)