Weihnachten, Ostern und Co.: Warum wir religiöse Feiertage brauchen

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52 Prozent, 51 Prozent, 50,5 Prozent – wie auf einen sinkenden Pegelstand starren Journalisten und Statistiker seit einiger Zeit auf die Zahl der Kirchenmitglieder in Deutschland. Und jetzt ist es wohl so weit, erstmals ist weniger als die Hälfte der Bundesbürger Mitglied in einer der beiden großen christlichen Kirchen. Diskussionen über die christliche Prägung unseres Landes werden vor diesem Hintergrund wieder zunehmen. Zum Beispiel diese, an Karfreitag auf Twitter gesehen: Wäre es nicht sinnvoll, christliche durch "gesellschaftlich relevantere" Feiertage zu ersetzen?
Nur: Wer entscheidet eigentlich dann, was gesellschaftlich relevant ist? Parlamentarische Mehrheiten, die sich auch wieder ändern? Und was wäre mit den immerhin rund 40 Millionen Menschen, die immer noch in einer christlichen Kirche sind, ganz abgesehen von orthodoxen Christen, Mitgliedern von Freikirchen und ausgetretenen Gläubigen? An gesetzlichen Feiertagen kommt das ganze Land zur Ruhe, entzieht sich der Rund-um-die-Uhr-Maschinerie von Schuften, Schaffen und Konsum.
Die christlichen Feiertage bieten zusätzlich aber auch noch Erzählungen von Hoffnung, Kraft und Zuversicht. Themen, über die man auch ins Gespräch kommen kann, ohne gläubig zu sein. Nicht umsonst sind an Weihnachten die Kirchen immer noch vergleichsweise voll – vielleicht, weil die uralte Geschichte des Kindes, das in einem Stall zur Welt kommt, immer noch so viele Menschen berührt? Und warum macht RTL aus dem Sterben und Leiden Christi eine Prime-Time-Show, wenn der Sender sich davon nicht auch Quote verspräche? Religiöse Feiertage bieten Integrationskraft für die gesamte Gesellschaft. Und deshalb wären auch muslimische und jüdische Feiertage in unserem Kalender überfällig.
Die Autorin
Annette Zoch ist Politikredakteurin der "Süddeutschen Zeitung" und schreibt dort über Religion und Kirche.
Hinweis
Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.