Reaktion auf Liturgiewissenschaftler Haunerland

Schüßler: Laien-Taufe gefährdet sakramentale Gestalt der Kirche nicht

Veröffentlicht am 25.07.2022 um 14:36 Uhr – Lesedauer: 

Freiburg ‐ Der Liturgiewissenschaftler Winfried Haunerland hatte davor gewarnt, Ausnahmen wie die Taufe durch Nicht-Kleriker zunehmend zur Regel zu machen: Das gefährde die sakramentale Gestalt der Kirche. Der Pastoraltheologe Michael Schüßler widerspricht.

  • Teilen:

Der Tübinger Pastoraltheologe Michael Schüßler sieht in der Beauftragung von Laien als Taufspender keine Gefahr für die sakramentale Gestalt der Kirche. "Eine pastoraltheologisch begründete Ausweitung des Möglichkeitsraums bezeugt wohl eher die sakramentale Grundgestalt der Kirche, statt sie zu gefährden – falls es wirklich um Sakramentalität geht, und nicht allein um die Rettung von Standesmacht", schreibt Schüßler in einem Beitrag für die "Herder Korrespondenz" (August-Ausgabe). Schüßler antwortet damit auf den Münchner Liturgiewissenschaftler Winfried Haunerland, der eine Gefährdung der sakramentalen Grundgestalt der Kirche befürchtet, wenn sich eine Institutionalisierung derartiger kirchenrechtlicher Ausnahmeregelungen häufen sollte.

Haunerland hatte ebenfalls in der "Herder Korrespondenz" geschrieben, dass Priester nicht aufgrund einer bischöflichen Beauftragung, sondern aufgrund ihrer sakramentalen Weihe in der Person Christi handelten. Dies sei für das Sakrament der Taufe zwar nicht zwingend erforderlich, da aber den Priestern "innerhalb der Kirche die wichtige Aufgabe zukommt, auf das notwendige Handeln Christi, des Hauptes der Kirche, zu verweisen, wird durch ihren Vorsteherdienst auch bei der Taufe besonders deutlich, dass nicht Menschen aus sich heraus taufen, sondern Christus selbst tauft". Bereits 1999 habe Walter Kasper davor gewarnt, dass Nebenwirkungen mancher Lösungsversuche zur Behebung des Priestermangels den priesterlichen Dienst aushöhlen oder sogar als unnötig erscheinen ließen. Damit "steht die sakramentale Grundgestalt der Kirche in Gefahr", zitiert Haunerland Kasper. Diese Gefahr sei heute nicht geringer geworden.

Der Text von Haunerland dokumentiere eher "die Ohnmacht und den theologischen Sprachverlust der aktuell verblassenden Kirchendispositive", analysiert Schüßler. Theologie beschäftige sich dann primär mit binnenkirchlichen Macht- und Zuständigkeitsfragen und vermeide die "anstrengenden Irritationen" einer Transformation und Weiterentwicklung.

Amtstheologie erschwere das pastoral Notwendige

"Wenn Katholikinnen und Katholiken taufen, hat wohl weder Gott ein Problem noch die Pastoraltheologie noch die meisten Beteiligten", betont Schüßler. Ein Problem bekomme der strukturelle Klerikalismus in ständischer Ekklesiologie und entsprechender Amtstheologie. "Um es scharf zu stellen: Die sakramentale Grundstruktur als hierarchische Macht- und Geschlechterpyramide ist so erratisch geworden, dass sie mit der lebendigen Sakramentalität Gottes in der Welt nicht mehr mitkommt." Pastoraltheologisch gesehen sei weniger die Sorge, dass taufende Katholikinnen und Katholiken die sakramentale Grundgestalt gefährden, "sondern dass umgekehrt eine von Zulassungsbedingungen und ständischem Klerikalismus eingekapselte Amtstheologie das pastoral und pastoraltheologisch Notwendige erschwert".

Mit Karl Rahner gesprochen bezeugten Sakramente wie die Taufe eine Gnade, die allem menschlichen Handeln vorausgehe, "nämlich in all der Verletzlichkeit des Lebens auf eine größere Hoffnung setzen zu dürfen". Sie gäben als "jene Ereignisse, wo im Symbol Gottes Gnade ohne jede Bedingung erfahrbar wird, auch eine alternative und weitergehende Sicht auf die Kirchenbildung frei", zitiert Schüßler den Pastoraltheologen Ottmar Fuchs. Sakramentalität als sichtbares Zeichen einer unsichtbaren Gnade bedeute dann, dass Kirche Menschen die sakramentale Gegenwart Gottes in ihrem Leben zuspreche, "auch wenn damit kein Gemeindemitglied gewonnen ist und man nicht weiß, ob eine Geschichte mit Gott gerade begonnen, fortgesetzt oder fürs Erste ausgesetzt wird".

Nach can. 861 CIC ist ordentlicher Taufspender Bischof, Priester und Diakon. Bei deren Abwesenheit oder Verhinderung kann der Bischof andere beauftragen. Zuletzt hatte das Bistum Essen als bundesweit erste Diözese Laien, darunter vor allem Frauen, erlaubt, die Taufe zu spenden. Frauenverbände im Bistum Würzburg forderten Bischof Franz Jung daraufhin auf, dem Essener Beispiel zu folgen. Auch die Diözese Rottenburg-Stuttgart denkt nach eigenen Angaben darüber nach, künftig auch Nicht-Priester damit zu beauftragen, Kinder zu taufen. (mal)