Papst zu Indigenen: Fühle mich als Teil eurer Familie

Auch der letzte Tag des Besuchs von Papst Franziskus in Kanada stand im Zeichen der Versöhnung mit der indigenen Bevölkerung. "Ich bin im Geiste der Buße gekommen, um euch den Schmerz auszudrücken, den ich in meinem Herzen trage für das Böse, das nicht wenige Katholiken euch angetan haben", sagte das Kirchenoberhaupt am Freitagmorgen (Ortszeit) bei einer Begegnung in Quebec. Katholiken hätten lange Zeit "eine unterdrückerische und ungerechte Politik" gegen die Ureinwohner des Landes unterstützt.
Nun gehe es darum, Hoffnung zu säen "für künftige Generationen indigener und nicht-indigener Menschen", die "geschwisterlich und in Einklang zusammenleben wollen". Zu diesem Zweck müssten weitere Schritte hin zu Wahrheit und Heilung unternommen werden. An dem Treffen am Sitz des Erzbischofs nahmen mehr als 20 Vertreterinnen und Vertreter der First Nations, Metis und Inuit sowie ein Dutzend Bischöfe teil.
Papst: Habe viel gelernt
Er habe in diesen Tagen viel erfahren und gelernt, sagte Franziskus weiter. Die Lebenswelt der kanadischen Indigenen sei in seine "Seele gekommen" und werde ihn immer begleiten: "Wenn ihr mir das gestattet, wage ich zu behaupten, dass ich mich jetzt in gewissem Sinne auch als Teil eurer Familie fühle, und ich fühle mich geehrt."
Die sechstägige "Buß-Reise" des Papstes in Kanada geht an diesem Freitag zu Ende. Am Nachmittag (Ortszeit) wird er in Iqaluit am Nordpolarmeer erwartet. In der Hauptstadt des Territoriums Nunavut haben die ansässigen Inuit besondere Rechte. Franziskus trifft dort abermals mit ehemaligen Schülern sogenannter Residential Schools zusammen. Das private Gespräch soll eine dreiviertel Stunde dauern.
Die Kanada-Reise von Papst Franziskus ist geprägt von zahlreichen Begegnungen mit Vertretern der indigenen Völker.
In den meist von Kirchen betriebenen Internatsschulen waren bis 1996 insgesamt 150.000 indigene Kinder und Jugendliche von ihren Familien getrennt, ihrer Kultur beraubt und vielfach misshandelt worden. Franziskus bat deshalb während seiner Reise mehrfach um Vergebung. Das Thema steht im Mittelpunkt der Kanada-Visite, die ihn unter anderem in die Provinzen Alberta und Quebec führte.
In Iqaluit hält der Papst auf dem Gelände einer Grundschule seine letzte öffentliche Ansprache in dem nordamerikanischen Land. Nach einer Abschiedszeremonie am Flughafen tritt er den Heimflug nach Rom an. Die Ankunft in der Ewigen Stadt ist für Samstagmorgen vorgesehen.
Debatte um Kolonialgeschichte
Neben wohlwollenden und versöhnlichen Reaktionen wurden in den vergangenen Tagen wiederholt Forderungen laut, Franziskus solle päpstliche Aussagen aus dem 15. und 16. Jahrhundert widerrufen, mit denen die Unterwerfung und Entrechtung nicht-christlicher Indigener gerechtfertigt worden sei. Zwei Frauen forderten dies auch mit einem Transparent zu Beginn einer Papstmesse am Donnerstag.
Die frühere kirchliche "Doktrin der Entdeckung" hatte Europas Kolonialherrschern einen willkommenen Vorwand geliefert und floss in staatliche Gesetzgebung und Rechtsprechung ein. Franziskus hat sich dazu bisher nicht geäußert. Eine Sprecherin des Papstreise-Organisationsteams signalisierte aber laut Medienberichten, dass sich Kanadas Bischöfe und der Vatikan damit befassen wollten. (KNA)