Kann nach Auschwitz noch gebetet werden?

Bischof Meier würdigt Edith Stein zum 80. Todestag

Veröffentlicht am 09.08.2022 um 15:14 Uhr – Lesedauer: 

Oswiecim ‐ In der Zeit des Nationalsozialismus wurde sie "als Jüdin und Christin" zum Opfer des Holocaust: Jetzt würdigte Bischof Bertram Meier die heilige Edith Stein zu ihrem 80. Todestag – und stellte die Frage, ob nach Auschwitz noch gebetet werden könne.

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Zu ihrem 80. Todestag hat der Vorsitzende der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), Bischof Bertram Meier, die heilige Edith Stein gewürdigt. "Sie hat uns mit ihrer Solidarität für ihre jüdischen Schwestern und Brüder und für alle Gedemütigten und Entrechteten einen Weg gewiesen", so der Augsburger Bischof laut Redemanuskript, das bei der Gedenkfeier im ehemaligen deutschen Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau am Dienstag verlesen wurde. Dort war die Ordensschwester und konvertierte Jüdin am 9. August 1942 von den Nazis ermordet worden.

Gerade jetzt dürfe sich die Kirche nicht ausruhen "auf den Bemühungen derer, die vor uns Verantwortung getragen haben", so Meier weiter. Immer wieder flamme Antisemitismus in Europa und in Deutschland auf. Mit Blick auf die europäische Dimension betonte der Bischof: "Es ist sehr bedeutsam, dass wir hier heute als Polen und Deutsche gemeinsam stehen. An diesem Ort des Leidens jüdischer Menschen, des Leidens von Polen, aber auch vieler Menschen anderer Nationen."

Kann nach Auschwitz noch gebetet werden?

Meier stellte zudem die Frage, ob nach Auschwitz noch gebetet werden könne. Dies sei nicht nur möglich, sondern "uns aufgetragen", betonte der Bischof. Gerade Edith Stein fordere dazu auf, das Gebet nicht zu vergessen. "Es war der Glaube an die Auferstehung von den Toten, der die Philosophin Edith Stein anzog, als sie sich dem Christentum zuwandte." Ihr "ganz persönlicher Glaubensweg" dürfe "keinesfalls zu einer voreiligen Vereinnahmung oder unzulässigen Verallgemeinerung führen", erklärte Meier. Hierin erlebte sie ihre "tiefe und unlösbare Verbindung ihres Jüdischseins mit dem Glauben an die christliche Verheißung".

Edith Stein wurde als Tochter jüdischer Eltern geboren. 1922 ließ sie sich katholisch taufen. 1933 trat sie in den Kölner Karmel ein und nahm den Ordensnamen Teresia Benedicta vom Kreuz an. Bekannt wurde Stein vor allen Dingen durch ihre philosophischen und spirituellen Publikationen. Im Advent 1933 schrieb sie einen Brief an Papst Pius XI., in dem sie ihn auf die wachsende Verfolgung der Juden in Deutschland aufmerksam macht. In der Zeit des Nationalsozialismus wurde sie "als Jüdin und Christin" zum Opfer des Holocaust. Sie war in das KZ Auschwitz deportiert worden und starb dort am 9. August 1942.

Edith Stein wurde im Oktober 1998 heiliggesprochen. 1999 wurde sie von Papst Johannes Paul II. zusammen mit Birgitta von Schweden und Katharina von Siena zur Schutzheiligen Europas erklärt. – Bischof Meier hatte ursprünglich persönlich an der Gedenkveranstaltung teilnehmen wollen, musste allerdings kurzfristig absagen, wie es hieß. (KNA)