Übersicht über bundesweite Beratungs- und Hilfsangebote

Damit auch im Sozialen nicht die Lichter ausgehen: So hilft die Kirche

Veröffentlicht am 07.10.2022 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 
Themenwoche

Berlin ‐ Schon in der Bibel wird an vielen Stellen das Eintreten für hilfsbedürftige Menschen beschrieben. Insofern ist es nur folgerichtig, dass sich die katholische Kirche in Deutschland auch heute für Menschen in Not einsetzt. Ein Überblick.

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Totenkopfkette, Tattoos, viele Ringe, auffällige Kleidung und ein charmant-freches Mundwerk – Sven Schoß ist wohl das Paradebeispiel eines Berliner Originals. Vor allem aber ist der 59-Jährige für viele Menschen in Berlin derzeit ein echter Hoffnungsträger, schließlich ist er der wahrscheinlich bekannteste Energiesparexperte der Stadt. Als "Stromspar-Checker" der Berliner Caritas hilft der gelernte Restaurantmeister einkommensschwachen Haushalten dabei, Gas, Strom, Wasser und damit jede Menge Geld zu sparen.

Schoß ist bereits seit zehn Jahren als "Stromspar-Checker" für den katholischen Sozialverband tätig – doch so groß wie derzeit war die Nachfrage nach Energiespartipps seinen Angaben zufolge noch nie. "Wir haben in den vergangenen zehn Jahren immer gut zu tun gehabt, weil wir einkommensschwache Haushalte beraten. Aber nachdem die Energiepreise so durch die Decke gegangen sind, merken wir nochmal ein größeres Interesse unserer Klientel. In unseren Büros stehen die Telefone nicht mehr still", sagte Schoß jüngst in einem RBB-Interview.

Angst vor weiter steigenden Preise für Gas und Strom

Die Angst, die gestiegenen und weiter steigenden Preise für Gas und Strom bald nicht mehr bezahlen zu können oder deswegen Schulden anhäufen zu müssen oder gar die eigene Wohnung zu verlieren, treibt in diesen Wochen Millionen Menschen in ganz Deutschland um. Der "Stromspar-Check", den die Caritas bundesweit in mehr als 150 Städten und Gemeinden für Bezieher sozialer Leistungen und einkommensschwache Haushalte kostenlos anbietet, kann da eine unbürokratische und wirksame Hilfe sein.

„Wir können mit unserer Beratung nicht alles abfedern, aber zumindest helfen, dass es nicht allzu hart wird.“

—  Zitat: "Stromspar-Checker" Sven Schoß

"Wir verschaffen uns zunächst einen Überblick, welche Einsparmöglichkeiten es in dem jeweiligen Haushalt gibt. Wir schauen, wo sind die Großverbraucher, was können wir austauschen, wie ist das Heiz- und Lüftungsverhalten der Kunden", erklärt Schoß das Vorgehen der Stromsparhelfer, von denen es allein in Berlin derzeit 25 gibt. Danach werde alles in eine Datenbank eingegeben und das mögliche Einsparpotenzial des Haushalts berechnet. "Im Rahmen eines zweiten Besuchs bauen wir dann Energiesparhilfen im Wert von bis zu 70 Euro kostenlos ein", so der Caritas-Mitarbeiter. Das größte Einsparpotential liege meist bei den Kühlgeräten, die bis zu 30 Prozent des Stroms in einem Haushalt verbrauchten. "Unsere Klientel verfügt meistens über ältere Modelle, das sind richtige Stromfresser", sagt Schoß. Sei ein Kühlschrank älter als 10 Jahre und verbrauche er mehr als 200 Kilowattstunden im Jahr, könnten die betroffenen Haushalte für die Neuanschaffung eines energieeffizienteren Geräts einen Gutschein über 100 Euro bekommen.

Laut Schoß spart ein Durchschnittshaushalt durch den "Stromspar-Check" pro Jahr rund 200 Euro, bei größeren Familien hätten sie aber auch schon Einsparungen von 1.000 Euro erreicht. Dies sei gerade für einkommensschwache Haushalte viel Geld – zumal in Zeiten einer Inflation, in der ansonsten fast alles teurer werde. "Wir können mit unserer Beratung nicht alles abfedern, aber zumindest helfen, dass es nicht allzu hart wird", sagt der Berater auch mit Blick auf die jüngsten Preissteigerungen bei Gas und Strom.

Konkrete Hilfe der Kirche in schwierigen Lebenssituationen

Der "Stromspar-Check" ist ein anschauliches Beispiel dafür, wie die katholische Kirche in Deutschland Menschen in schwierigen Lebenssituationen konkret hilft. Sie tut dies zum einen auf Basis der Bibel, in der an vielen Stelle das Eintreten für hilfsbedürftige Menschen – etwa die oft zitierten "geringsten Brüder" (Mt 25,40) oder die "Niedrigen", die erhöht werden (Lk 1,52) – beschrieben wird. Zum anderen orientiert sie sich beim Umgang mit Armen an den Grundprinzipien der katholischen Soziallehre, insbesondere dem Personalitätsprinzip, nach dem jeder einzelne Mensch eine unveräußerliche Würde besitzt, und dem Solidaritätsprinzip, das das menschliche Miteinander und die soziale Gerechtigkeit betont.

Außenaufnahme des Ladens.
Bild: ©picture alliance/Patrick Seeger

Die katholische Kirche in Deutschland engagiert sich auch bei den "Tafeln", die noch essbare Lebensmittel, die ansonsten vernichtet werden würden, an Bedürftige verteilen.

Deshalb leistet die Kirche in Deutschland auch noch mehr für Menschen, die von Armut betroffen sind – vor allem über die Einrichtungen der Caritas. Denn die bietet neben dem "Stromspar-Check" noch zahlreiche weitere Hilfen für Menschen an, die jeden Euro zweimal umdrehen müssen oder aufgrund der zuletzt teils massiv gestiegenen Lebenshaltungskosten bereits Schulden machen mussten und nicht mehr wissen, wie sie das Notwendigste für ihren Alltag finanzieren sollen.

Hilfe kann in dieser Situation beispielsweise auch die ebenfalls bundesweit angebotene Schuldnerberatung der Caritas leisten. Ob bei einer Beratung vor Ort oder online: Geschulte Berater helfen Betroffenen dabei, Wege aus der Schuldenfalle zu finden und auch mit wenig Geld trotzdem über die Runden zu kommen. Wer sich vor einer Beratung zunächst einen genaueren Überblick über das Angebot der Caritas zum Thema Schulden verschaffen will, kann das auf der Internetseite des Sozialverbands tun. Dort werden unter anderem konkrete Tipps zum Sparen im Alltag, Informationen zum Umgang mit Schulden und einem möglichen Insolvenzverfahren sowie ein Finanzcoaching für junge Leute angeboten.

SkF-Geschäftsführerin: Steigende Nachfrage bei "Tafel" wird zum Kraftakt

Eine weiteres Beratungsangebot ist die allgemeine Sozialberatung der Caritas. Dort geht es vor allem um die Themenbereiche Arbeitslosigkeit, Familie, Gesundheit und Wohnen. Typische Fragen, die hierbei gemeinsam mit den Beratern erörtert werden können, betreffen etwa den Umgang mit Behörden, staatliche Unterstützungsmöglichkeiten, die Rechte Betroffener gegenüber Arbeitgebern und Vermietern sowie die Krankenversicherung und den Umgang mit möglichen Beitragsrückstände.

Darüber hinaus engagiert sich die Kirche auch bei den "Tafeln", die seit fast 30 Jahren Lebensmittel, die ansonsten vernichtet werden würden, an Bedürftige verteilen. Inzwischen gibt es bundesweit mehr als 960 dieser Einrichtungen, von denen einige etwa vom Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) getragen werden – unter anderem in Trier. Für die dortige "Tafel" sagte SkF-Geschäftsführerin Regina Bergmann jüngst, dass es für die Einrichtung zunehmend zu einem Kraftakt werde, die konstant steigende Nachfrage zu stemmen.

„Fast 80 Prozent der Beratungen sind mittlerweile im Kontext finanzieller Not. Derzeit sind Energieschulden ein Riesenthema.“

—  Zitat: SkF-Geschäftsführerin Regina Bachmann

Die Beratung in sozialen Notlagen nehme zudem immer mehr Raum ein – "fast 80 Prozent der Beratungen sind mittlerweile im Kontext finanzieller Not. Derzeit sind Energieschulden ein Riesenthema – aber auch psychische Belastungen und finanzielle Einbußen infolge der Corona-Maßnahmen", so Bergmann. Seit dem russischen Krieg gegen die Ukraine habe sich die Lage abermals verschärft. Für die kommenden Monate befürchtet Bergmann, dass noch mehr Alleinstehende und auch Familien von Stromabschaltungen betroffen sein könnten, weil sie die Kosten nicht mehr tragen könnten. Zudem werde es immer schwerer, eine bezahlbare Wohnung zu finden. "Das wird ziemlich viel Verzweiflung auslösen", so die Geschäftsführerin.

Wer sich in einer entsprechenden Notlage befindet, kann sich jederzeit auch an die katholischen Pfarrgemeinden in seiner Stadt oder Gemeinde wenden. Vor allem in Großstadtpfarreien gibt es häufig eigene Beauftragte, die sich um die Caritasarbeit der Pfarrei kümmern, oder Arbeitskreise von Ehrenamtlichen, die sich sozial engagieren. Menschen in Not kann so in vielen Fällen zumindest eine kurzfristige finanzielle oder materielle Unterstützung angeboten werden.

Damit auch im Sozialen in Zeiten der Not nicht die Lichter ausgehen

Mit Blick auf die bevorstehenden Monate und die sich vermutlich weiter zuspitzende Energiekrise wird zudem erwartet, dass viele Pfarrgemeinden neue Ideen entwickeln werden, wie sie Menschen in Not ganz konkret unterstützen können. Für das Erzbistum Berlin schlug dessen Generalvikar Manfred Kollig jüngst im katholisch.de-Interview etwa vor, Küchen in kirchlichen Einrichtungen zur Verfügung zu stellen und einzuladen, dort "gemeinsam für und mit den Menschen zu kochen und zu essen, die finanziell besonders stark unter den hohen Energiekosten leiden". Dies habe ökonomische Vorteile, da dann nicht jeder zu Hause seinen eigenen Herd anstellen und Energie verbrauchen müsse. Es habe aber auch einen sozialen Effekt, weil dadurch Räume der Begegnung geschaffen würden. "Damit kann man im Prinzip sofort anfangen. Als Kirche in der Diaspora ist unser Netz zwar nicht ganz so engmaschig, aber das ist ein einfacher Beitrag, an einem 'Netzwerk der Wärme' mitzuwirken, wie es Sozialsenatorin Katja Kipping für Berlin vorschlägt", so Kollig.

Die verschiedenen Hilfsangebote zeigen: Die katholische Kirche leistet mit ihren Einrichtungen einen wichtigen Beitrag, damit auch im Sozialen in Zeiten der Not nicht die Lichter ausgehen.

Von Steffen Zimmermann

Themenwoche: Armutskrise in Deutschland: "Schau hin!"

Armut – fünf Buchstaben, die wohl jedem Angst machen und die in Zeiten von Energiekrise und allgemeiner Inflation bedrohlich an Bedeutung gewonnen haben. Die Preissteigerungen der vergangenen Monate treffen viele Menschen in Deutschland; die immer länger werdenden Schlangen vor den "Tafeln" sind ein alarmierendes Anzeichen dafür. Mit einer Themenwoche blickt katholisch.de vom 3. bis 9. Oktober in Artikeln und Videos aus christlicher Sicht auf das Thema.